Kommenden Samstag beginnt die neue Bundesligasaison. Die SV Ried ist zum zwanzigsten Mal mittendrin. In der ewigen Tabelle der österreichischen Bundesliga liegt man auf Platz 9 und hat damit Traditionsvereine wie den Wiener Sportklub, die Vienna oder Voest Linz bereits hinter sich gelassen. Wenn man nur Oberösterreich betrachtet, so wurden mit den beiden Cuptiteln (1998 und 2011) genau so viele landesweite Titel erreicht wie dies die beiden Linzer Großvereine zusammen geschafft haben (Double LASK 1965). 2007 wurde man sogar Vizemeister und insgesamt war man acht Mal europäisch vertreten, unter anderem 1998 im Achtelfinale des Europacup der Cupsieger.

Ortlechner, Schiemer, Lasnik, Ulmer, Royer, Hadzic und einige weitere Spieler haben über Ried (bzw. über den eigenen Nachwuchs) den Sprung in A-Nationalteams geschafft. Aufgrund der bewegten vergangenen Jahre (mehrere Trainerentlassungen und unfreiwillige Abgänge) wurde das ehemalige Strahlemann-Image des Vereins jedoch etwas beschädigt. Auch dem einst als unfehlbar geltenden Sportdirektor und SVR-Macher Stefan Reiter passierten einige Fehlgriffe. Dennoch ließ man sich zu keinem Zeitpunkt aus dem Konzept bringen.
Als man im vergangenen Jahr länger als erhofft im Kampf um den Abstieg teilnehmen musste, konnten am 34. Spieltag gegen Grödig 5.400 Menschen mobilisiert werden. Ohne Rabatte und ohne Gratistickets. Man verfügt über ein (Zuschauer-)Fundament von ca. 3.000 Menschen, die bei jedem Wind und Wetter im Stadion erscheinen. Als Beispiel dafür gilt das 1-0 gegen den WAC am 12. Dezember des Vorjahres. Bei Topspielen (gegen Salzburg, Rapid und den aktuell nicht in der Bundesliga anwesenden LASK) schafft man es nach wie vor, bis zu 6.500 Zuschauer in die Keine Sorgen Arena zu locken. Andere Bundesligateams würden sich diese Planungssicherheit im Bezug auf den Ticketverkauf wünschen.
Für Menschen, die nach 1990 geboren wurden, ist die SVR sogar eine permanente Fixgröße in Österreichs höchster Spielklasse. Wenn man quer durch die Kommentare auf verschiedenen Plattformen (z.B. AustrianSoccerBoard, derstandard.at/sport oder transfermarkt.at) blickt, so hat die SVR es sogar größtenteils geschafft, als erster „Dorfklub“ das Dorfklubimage abzulegen bzw. als Paradebeispiel für einen funktionierenden oder sogar gern gesehenen Dorfklub zu gelten (dies liegt nicht nur an der schwachen Auswärtsbilanz).

Und dennoch erscheinen Jahr für Jahr noch immer Artikel, welche glauben alles (vieles) schlecht reden zu müssen. Mein Ausgangspunkt für diesen Blogartikel ist der am 13. Juli erschienene Kommentar von Florian Vetter beim Standard. Dort wird man nicht nur fälschlicherweise als „graue Maus“ bezeichnet (ein Prädikat, welches die Admira seit Jahren und Jahrzehnten einnimmt und welches die eigenen Fans sogar schon lieb gewonnen haben), sondern es wird auch das sinkende Zuschauerinteresse mit „nur mehr 4.032 Zuschauern pro Partie“ bemängelt.
In der Stadt Ried im Innkreis leben aktuell 11.680 Bewohner (Stand: 1. Jänner 2016), der Bezirk Ried im Innkreis umfasst 59.878 Menschen und damit ca. ein Viertel des urbanen Linzer Raums. In der gesamtösterreichischen (Fußball-)Zuschauertabelle lag man dennoch auf dem 7. Rang und damit vor den Traditionsvereinen aus Innsbruck (3.758), Linz (3.453) oder dem Aufsteiger aus der Landeshauptstadt St. Pölten (2.763). Für meinen Geschmack nicht so schlecht und gesamtheitlich gesehen daher keine Schande.
Das Fass zum überlaufen gebracht hat (nicht nur bei mir) jedoch folgender Absatz:
Die Rieder Fußballer werden auch Wikinger genannt. Dass ihre Fans das isländische Anfeuerungsritual „Húh“ so unverschämt fladern wie die Franzosen bei der EURO, sollte nicht passieren. Es würde auch nicht so auffallen. Das stakkatoartige „Húh“ samt synchronem Klatschen wird erst in der Masse richtig laut.
Zum einen wird das synchrone Klatschen in Ried schon seit drei oder vier Jahren durchgeführt. Gefladert wird also gar nichts (abgesehen davon wird im Fußballfantum sowieso alles irgendwann mal gefladert). Wie dem auch sei: das „HÚH“ wird durch ein „ES“ „VAU“ „RIED“ ersetzt und ist für den Durchschnitts-Fan auf der West immer eines der Mitmachhighlights während einer Bundesligapartie. Auf der Rieder Westtribüne finden bis zu 2.500 Menschen Platz, zumindest 1.000 sind immer anwesend. Mitunter schafft man es, dass dieses Klatschen zweimal von der Gegenseite zurückhallt.
Wikinger haben ihren Stolz und auch Menschen aus dem Innviertel haben ihren Stolz. Wenn man also der Meinung ist, einen Artikel mit einer Abrissbirne oder ironischen Note zu garnieren, dann sollte man zumindest seine Fakten richtig zusammen bekommen, denn auch die Nutzerkommentare zu diesem Artikel sprechen eine deutliche Sprache.
Ein Gedanke zu „Von Mäusen und Menschen“