Nach knapp viereinhalb Jahren hallenbadloser Zeit wird am 8. Februar 2018 (voraussichtlich) das langerwartete neue Freizeitbad in der Volksfeststraße in Ried im Innkreis öffnen. In der Gemeinderatssitzung vom 17. Oktober 2017 wurden einstimmig die Öffnungszeiten und die Tarifstaffel beschlossen.

Dabei heißt es im offiziellen Protokoll dieser Sitzung:
Herr Eichhorn erläutert in der Sitzung des Stadtrates vom 5. Oktober 2017 die Tarife für das Freizeitbad. Nach eingehender Diskussion wurden nachstehend angeführte Tarife für das Freizeitbad dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgeschlagen. Eine Beschlussfassung ist bereits jetzt erforderlich, da der Vorverkauf der Geldwertkarten und Gutscheine noch vor Weihnachten anlaufen soll. Die Eröffnung ist im Februar geplant.
Viele lokale Medien wie etwa das TIPS (im Artikel von Walter Horn vom 24. Oktober 2017) wurden ob dieses Beschlusses stutzig. Grund dafür: das Freizeitbad Ried bietet keine gewöhnlichen 10er-Blöcke für Bad und Sauna an. Noch seltsamer: es gibt zudem keinerlei Monats-, Saison- oder Jahreskarten.
Das Preisniveau für Kurzzeitkarten (60-120 Minuten) und Tageskarten für Bad / oder Sauna / oder Bad und Sauna ist oberösterreichweit unangefochten an der Spitze. Allerdings im negativen Sinne. Egal ob städtischer Raum (u.a. Linz, Wels, Steyr) oder ländlicher Raum (u.a. Freistadt, Haibach, Spital am Pyhrn) – kein anderes Hallen- bzw. Freizeitbad verlangt derartig exorbitant hohe Tarife von seinen Kunden.
Eine Tabelle mit den gesammelten Preisen für Kurztarif Bad, Tageskarte Bad, Jahreskarte Bad, Tageskarte Sauna sowie Jahreskarte Sauna kann hier heruntergeladen werden. Die Preise wurden den jeweiligen Webseiten entnommen, sind auf dem Stand des 22. November 2017 und natürlich ohne Gewähr. Ich erhebe zudem keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit dem Tageskartenpreis von € 9,- für das Rieder Freizeitbad kann man beispielsweise zwei volle Tage in irgendein Bad in Linz oder Traun oder Vöcklamarkt oder Kirchdorf an der Krems gehen. Wenn man 60-90 Minuten schwimmen gehen will, zahlt man in Ried € 6,-. Dafür kann man in Traun, Pregarten oder Kirchdorf an zwei Tagen für diese Dauer seine Bahnen ziehen.
Richtig interessant wird es jedoch erst bei konkreten Rechenbeispielen (welche ich stets auf Erwachsene beziehe):
- Wer einmal pro Woche für eine Stunde schwimmen gehen will, zahlt in Ried € 312,- (bei Verwendung von Bonuskarten reduziert sich der Betrag auf € 259.50,-). Mit Ausnahme von Linz (€ 392,- – dafür kann man dort allerdings in jedes Bad der Linz AG gehen) bekommt man für diese Summe in JEDEM oberösterreichischen Hallenbad eine Jahreskarte.
- Wer 100x pro Jahr schwimmen geht, zahlt in Ried schon € 600.00,- (bzw. wiederum nach Abzug der Bonuswerte € 490,-). Dafür bekommt man in den meisten oberösterreichischen Hallenbädern bereits eine Jahreskarte für sich und seine/n PartnerIn.
- Wer einmal pro Woche in die Sauna geht, muss in Ried für den Abendtarif stolze € 15,- berappen. Auf das Jahr hochgerechnet sind dies € 780,-. Man ziehe wieder die Bonuswerte ab: € 647.50,- .. in jedem anderen oberösterreichischen Hallenbad mit Sauna bekommt man dafür eine Jahreskarte für die Sauna. In vielen Gemeinden (wie etwa Vöcklamarkt, Losenstein oder Spital an der Pyhrn) bekommt man dafür sogar wiederum eine Jahreskarte für PartnerIn und sich selber.
- Wer 100x pro Jahr in die Sauna will – für dieses Rechenbeispiel wird der Dreistundentarif von € 18.50,- verwendet – kommt bereits auf exorbitante € 1850,-.. Die € 1490,- abzüglich der Bonuswerte sind im Vergleich dazu schon fast ein Schnäppchen. In Linz bekommt man dafür Jahreskarten für drei Personen, in Steyr kann man sogar vier Personen mit einer Jahreskarte ausstatten.
Die Mathematik ist hier relativ klar. So lange keine Jahres- oder Saisonkarten angeboten werden, steigen die anfallenden Kosten linear, je öfter man das Angebot des Hallenbads oder der Sauna in Ried in Anspruch nehmen will. Mit Ausnahme von Braunau, Ebensee und Spital am Pyhrn bieten alle anderen betrachteten oberösterreichischen Bäder jedoch Saisonkarten an. Diese haben aus Betreibersicht eigentlich auch einen finanziellen Anreiz: sie bringen Planungssicherheit und akzeptable Preise führen auch dazu, dass sich viele Menschen eine Jahreskarte leisten obwohl sie das Angebot vielleicht gar nicht regelmäßig in Anspruch nehmen wollen. Analog zu Fitnesscentern.
Meine logische Schlussfolgerung: man setzt ganz stark auf Gelegenheitsbesucher, die sich weder mit Preisen beschäftigen noch regelmäßig in Bad oder Sauna gehen wollen. Erstaunlicherweise erwartet man sich im dritten Betriebsjahr (und nicht wie vorher fälschlicherweise behauptet im ersten Betriebsjahr) aber 115.000 Besucher (315 pro Tag). Im letzten Jahr im alten Hallenbad waren es nur knapp 43.000 Gäste (118 pro Tag). Quelle dafür ist der Artikel von Thomas Streif in den OON am 16. November 2017.
Die Hauptklientel des alten Hallenbads in Ried waren hingegen Hobby- sowie Sportschwimmer und regelmäßige Saunagänger. Es wird sich daher herausstellen, ob diese gewillt sein werden die geforderten Preise zu zahlen oder sich um Alternativen umsehen. Ich bin früher (primär im Winter) ebenfalls regelmäßig 60 bis 90 Minuten schwimmen gegangen, daher interessiert mich diese Thematik (durch meine Heimkehr nach Ried) auch persönlich. Doch bevor ich meinen Artikel abschließe, will ich noch einige Fragen in Richtung der Stadtgemeinde Ried aufwerfen:
Wer hat die Tarife entworfen und warum hat der Gemeinderat (offensichtlich ohne jeglichen landesweiten Vergleich) diesem Entwurf einstimmig (!) zugestimmt?
Wieso bietet man keinerlei Monats-, Saison- oder Jahreskarten sowie 10er-Blöcke für Bad und/oder Sauna an?
Wen genau will man mit diesen Preisen in das Freizeitbad locken? Die Therme Geinberg (€ 35.20,- für eine Tageskarte Bad/Sauna) und das Aquapulco in Bad Schallerbach (€ 35.50,- für die Kombikarte) sind jeweils innerhalb einer halben Stunde mit dem Auto erreichbar. Dort wird allerdings um einiges mehr angeboten.
Was erhofft man sich davon, dass man sich den Ruf als das teuerste Freizeitbad Oberösterreichs (und vermutlich auch Österreichs) einhandeln wird?
Wieso wird das Bad von einem Unternehmen aus der Nähe von München (GMF) betrieben? Ist es wirklich notwendig gewesen, Know-How aus dem Ausland zu Rate zu ziehen oder hätte man hier auch eine österreichische Lösung treffen können?
Wieso wird diese skandalöse Tarifgestaltung von den regionalen Medien nicht in aller Deutlichkeit an den Pranger gestellt?