Wir leben in einem Zeitalter, in dem es aufgrund des hohen Niveaus und der großen Vielfalt an (Bezahl-)Plattformen einfach nicht mehr möglich ist, alle vielversprechenden Serien anzusehen. Ich persönlich habe (um nur einige Beispiele zu nennen) The Handmaid’s Tale, This Is Us, GLOW, Outlander oder The Crown noch nie gesehen. Von Big Little Lies und The Deuce war ich nicht so überzeugt wie viele Kritiker.
Ich hätte heuer genau so gut eine Liste mit meinen Top20-Serien erstellen können, denn es gibt auch einige prominente Opfer, welche heuer aus verschiedensten Gründen ihren Platz in meiner Top10-Liste verloren haben: Game Of Thrones, Orphan Black, Black Mirror, The Americans, Sherlock, Master Of None BoJack Horseman, Bloodline, The Affair, Homeland sowie Ray Donovan.
Insgesamt gibt es in meiner heurigen Liste fünf Neueinstiege, den höchsten auf Platz 1. Neben der Platzierung in Klammer jeweils die Information über die Staffel, die Anzahl der Episoden in der Staffel sowie die amerikanische & österreichische Plattform, auf welche man die Serie ansehen kann. Hier noch die Links zu meiner Liste aus 2016 sowie zur Liste aus 2015.
10 – Ozark (Staffel 1 / 10 Episoden // Netflix)

Einer der Überraschungshits des Jahres. Eine scheinbar normale Familie rund um Jason Bateman und Laura fucking Linney (regelmäßige Seher von Last Week Tonight werden diese Referenz verstehen) muss schlagartig von der großen Stadt in die Ozarks (Missouri) flüchten bzw. untertauchen, weil die geheimen Machenschaften des Ehemanns (Geldwäsche für ein Drogenkartell) ans Licht kommen. Seine Frau und Kinder können sich mit der Situation nur wenig anfreunden, denn vom technologischem Fortschritt hat man im Sumpfgebiet noch eher wenig erfahren und auch die Menschen sind größtenteils seltsam (bzw. kriminell).
Ozark ist eine Serie mit (überraschend) schwarzem Humor und einigen unerwarteten Wendungen. Ich persönlich konnte mir Jason Bateman (Arrested Development, Horrible Bosses) nur schwer in einer dramatischen Rolle vorstellen, er überzeugt jedoch vollends und wurde auch für einen Golden Globe nominiert. Eine zweite Staffel ist bereits in Planung, es gibt allerdings noch keinen Termin dafür.
09 – Better Call Saul (S3 / 10E // AMC / Netflix)

Das Niveau, welches Better Call Saul als Spinoff von Breaking Bad halten kann, wird immer beeindruckender. Die Mischung aus Anwaltsserie, Krimi, Komödie und Drama ist einfach abgerundet. Seit der dritten Staffel gehört auch Giancarlo Esposito in seiner Rolle als Drogenbaron Gus Fring wieder dem Ensemble an. Doch vor allem Michael McKean konnte heuer in seiner Rolle als Bruder von Jimmy McGill (Bob Odenkirk) seinen schauspielerischen Stempel auf die Serie aufdrücken. Im Gegensatz zu BB erfährt BCS jedoch insgesamt weniger Kritikerliebe, anders ist es nicht zu erklären, dass Bob Odenkirk bisher noch keinen Emmy oder Globe für seine Paraderolle erhalten hat. Am Sonntag hat er die nächste (kleine) Chance dazu. Doch Kritikerpreise hin oder her, BCS ist eines der besten Spinoffs aller Zeiten (ich mochte dich nie, Frasier), hat durch seine Existenz im BB-Universum eine automatische Fanbasis und wird auch für mich weiterhin ein Fixpunkt in meinem Netflix-Katalog bleiben.
08 – Fargo (S3 / 10E // FX / Netflix)

Fargo ist eine Anthologieserie. Das bedeutet, dass mehrere Staffeln unter dem gleichen Titel laufen, jedoch nichts (oder wenig) miteinander zu tun haben. Im Bezug auf das Serien-Universum bin ich der Meinung, dass sowohl S1 als auch S2 besser als S3 sind. Fargo ist allerdings schon grundsätzlich so gut, dass selbst die drittbeste Staffel (von dreien) noch immer für den achten Platz in meinem Jahresranking reicht. Dies liegt (wie bei Fargo gewohnt) einmal mehr am ausgezeichneten Schauspielerensemble. Angeführt wird dieses von Carrie Coon, sie wurde in ihrem Durchbruchsjahr für ihre Rolle auch für einen Emmy nominiert (und von den Globes übergangen). Dafür rittern Ewan McGregor (der ein ungleiches Zwilligsbrüderpaar spielt) und David Thewlis am kommenden Sonntag jeweils um diesen Preis. Letzterer spielt den unappetitlichsten Bösewicht seit Jabba The Hutt und ist damit der legitime Nachfolger des von Billy Bob Thornton in Staffel 1 gespielten Charakters Lorne Malvo.
07 – Stranger Things (S2 – 10E // Netflix)

Im Juli 2016 habe ich eine spoilerfreie Review zur ersten Staffel verfasst. Die Erwartungen nach der Brillianz von S1 waren immens und konnten eigentlich nur enttäuscht werden. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn nach dem Platz an der Sonne im letzten Jahr konnte heuer auch die zweite Staffel einen Top10-Platz in meinem persönlichen Ranking belegen. Okay, die Story ist relativ ähnlich und stellenweise banal. Doch Stranger Things lebt erneut vom hervorragenden Schauspielerensemble und dem 80er-Jahre-Flair. Neben David Harbour als Chief Hopper (völlig zurecht für einen Golden Globe nominiert) war diesmal auch das Mitwirken von Sean Astin (The Goonies) eine liebevolle Hommage an das Abenteuerkino der 80er-Jahre. Doch im Zentrum des Geschehens sind eindeutig wieder die Kids, deren Ensemble diesmal etwas vergrößert worden ist. Stranger Things wurde aufgrund des kommerziellen Erfolgs mittlerweile auf vier Staffeln verlängert und ist (neben House of Cards) das zentrale Mosaikstein im Katalog der Eigenproduktionen von Netflix.
06 – Taboo (S1 – 8E // BBC & FX / Amazon)

Diese Serie hat im April des heurigen Jahres bereits ein Einzelreview meinerseits erhalten. „Tom Hardy“ sollte für viele bereits reichen, um Interesse zu erwecken. Die im frühen 19. Jahrhundert angesetzte Serie dreht sich um Homosexualität, Inzest, Sklavenhandel, Kannibalismus, Okkult und Kinderprostitution, es ist also für jede(n) etwas dabei. Aufgrund des Erfolgs bei Kritikern und Publikum wurde Taboo bereits um eine zweite Staffel verlängert, welche für 2018 angekündigt ist und einen Schauplatzwechsel (also weg aus dem stinkenden und versifften London) mit sich bringen könnte. Für mehr Details zum Inhalt oder den Schauspielern bitte einfach einen kurzen Blick in mein Review werfen.
05 – The Marvelous Mrs. Maisel (S1 – 10E // Amazon)

Diese Serie, welche seit Ende November 2017 bei Amazon Video abrufbar ist, hat aus meiner Sicht zwei Grundprobleme. Zum einen klingt der Serientitel nicht besonders verlockend (ist aber wenigstens diesmal nicht der deutschen Übersetzung geschuldet) und zum anderen war die Promotion eher bescheiden bis gar nicht vorhanden. Daher muss ich an dieser Stelle word-of-mouth-Marketing betreiben und die Serie als eine der besten Comedies des Jahres betiteln. Zum Inhalt – wir schreiben das Jahr 1958. Miriam Maisel (gespielt von Rachel Brosnahan, am besten bekannt als Rachel Posner in House of Cards) ist die perfekte Mutter und Hausfrau in der Upper West Side. Dann beginnt ihr Ehemann jedoch ein Techtelmechtel mit der naiven Sekretärin und trennt sich infolgedessen von seiner Ehefrau. Aus Zufall stolpert sie angetrunken in einen Comedy Club und findet heraus, dass ihr großes Talent nicht als Hausfrau sondern auf der Stand-Up-Showbühne liegt.
Wer auf Brachialhumor steht, wird bei TMMM enttäuscht werden. Denn diese Serie lebt von ihrem warmherzigen und intelligenten Humor, ist in den Nebenrollen ausgezeichnet besetzt (u.a. Alex Borstein, Tony Shalhoub, Kevin Pollak) und wurde heuer auch für zwei Golden Globes (Best Comedy, Best Actress in a Comedy Series) nominiert.
04 – Mindhunter (S1 – 10E // Netflix)

Wenn David Fincher (u.a. Sieben, Fight Club, The Social Network) etwas schreibt oder produziert, dann hat dieses Machwerk automatisch meine höchste Aufmerksamkeit. Mindhunter versetzt den Zuseher in die USA der 1970er Jahre, in denen forensische Psychologie bei der Aufklärung von Straftaten noch nicht erfunden bzw. in Verwendung war. Jonathan Groff spielt einen rebellischen FBI-Agenten, der aufgrund von Gesprächen mit seiner Freundin (die Psychologie studiert) und einer anerkannten Psychologin jedoch neue Wege bei der Aufklärung und Verhinderung von Straftaten beschreiten will. Zu diesem Zweck bereist er gemeinsam mit seinem zurückhaltenden Kollegen diverse Hochsicherheitsgefängnisse um bekannte Mörder nach ihren Motiven zu befragen. Die Serie beruht auf den Büchern des realen FBI-Fallanalytikers John E. Douglas und lebt von der düsteren Grundstimmung und den grausamen Bildern, die sich aufgrund der Beschreibungen der Straftaten durch die Killer im Kopf des Zusehers manifestieren. Aufgrund des kritischen Erfolges wurde die zweite Staffel bereits abgesegnet.
03 – Mr. Robot (S3 – 10E // USA / Amazon)

War die erste Staffel noch meine Lieblingsserie des Jahres 2015, so verlor das Hacker-Drama aus der Feder von Sam Esmail letztes Jahr sechs Plätze. Heuer findet sich die dritte (und anders als erwartet nicht letzte) Staffel auf dem 3. Platz wieder. Dies liegt vor allem daran, dass die Storyline wieder nachvollziehbarer und realistischer wurde und nicht übertrieben auf einer Metaebene dahinschwimmt wie die vorherige Staffel. Einige filmschaffende Experimente (z.B. eine Folge ohne jeglichen Schnitt) wirkten nicht gekünstelt, sondern fügten sich nahtlos in den Spannungsbogen rund um den von Rami Malek (der kommendes Jahr als Freddy Mercury im Queen-Biopic Bohemian Rhapsody agieren wird) gespielten schizophrenen Hauptchrakter ein. Die Fronten sind abgesteckt, die Motive der Antagonisten sind bekannt, daher wird die vierte (und aller Voraussicht nach wirklich letzte) Staffel wohl dazu verwendet werden, die Story (zumindest für die meisten) zufriedenstellend beenden zu können.
02 – The Leftovers (S3 – 8E // HBO / sky)

Die dritte und letzte Staffel von The Leftovers bildete einen würdigen Abschluss für eine Serie, welche mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Nach der ersten Staffel bereits von vielen Zusehern und Kritikern (und auch mir) abgeschrieben, schaffte das Mystery-Drama aus der Feder von Damon Lindelof (Lost) nach dem Buch von Tom Perrotta erst mit der zweiten Staffel den Turnaround. Die dritte Staffel konnte dies jedoch nochmal toppen. The Leftovers hat seine Zuseher ständig ratlos, unaufgeklärt und verunsichert zurückgelassen, beging aber nicht den Kardinalfehler von Lost – denn am Ende wurden die wichtigsten Mysterien aufgeklärt und es kommt zu einem ultimativen Moment zwischen den von Carrie Coon und Justin Theroux gespielten Hauptcharakteren, welche über die gesamte letzte Staffel hinweg absolut brillierten.
01 – Halt And Catch Fire (S4 – 10E // AMC / Amazon)

Wie bereits Mitte Oktober 2017 angekündigt, ist die vierte und letzte Staffel von Halt And Catch Fire meine Serie des Jahres. Daran hat sich auch während der letzten zweieinhalb Monate nichts geändert. Dieses, dem breiten Publikum leider nahezu unbekannte Kleinod der Serienlandschaft hat es in vielen US-amerikanischen Reviews ebenfalls auf die #1 der Jahresbestenlisten geschafft. Wer mehr über den Inhalt erfahren will, kann dies in meinem Blog nachholen. Hier will ich nur mehr anmerken, dass keine Serie die ich 2017 gesehen habe, auch nur annähernd so emotional wie die letzten vier Folgen dieser Serie war. HCF hat sich im Laufe der vier Staffeln nie primär um den technologischen Fortschritt zwischen 1983 und 1995 gedreht, sondern wie die menschlichen Beziehungen der Protagonisten durch diesen Fortschritt beeinflusst und (dauerhaft) verändert werden. Auch das Ende dieser Serie war absolut perfekt und lässt keine Fragen offen.
2 Kommentare zu „Best of 2017: Serien“