9Oscars – Langeweile & Vorhersehbarkeit

Ich gehe direkt in medias res. So berechenbar und langweilig wie heuer war die Oscarverleihung – ausgerechnet an ihrem 90. Jubiläum – wohl überhaupt noch nie. Warum dies so ist – mehr dazu später.

Auf alle Fälle habe ich in meinem Tipp vom 8. Jänner bereits 14 von 20 Kategorien richtig getippt (Documentary, Documentary Short, Animated Short und Live Action Short habe ich damals ausgelassen). Im Abgleich mit meinem Spreadsheet vom gestrigen Abend wären sogar 19 von 20 Kategorien richtig gewesen. Lediglich die Special Effects haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, dafür hätte ich auch Documentary & Documentary Short richtig gehabt).

Deswegen war es nachwirkend betrachtet auch die absolut richtige Entscheidung, die Oscars heuer zum zweiten Mal in Folge nur „as live“ anzusehen. Also per Aufnahme der ORF-Übertragung um 07:00 in der Früh, ohne Schlafdefizit, ohne Spoiler und mit der Fähigkeit, die gefühlten 72 Werbeblöcke [bzw. am ORF Zwischenanalysen] per Knopfdruck überspringen zu können. Bis auf weiteres werde ich daher wohl auch bei dieser Art des Academy-Award-Watchings bleiben.

Die Gewinner (sagen wir mal so)

Wer waren die großen Gewinner und Verlierer des Abends? Nun, durch die extrem breite Verteilung der Statuetten gibt es heuer eigentlich mehr Verlierer als Gewinner. The Shape Of Water ist mit vier Oscars, darunter in den Hauptkategorien Bester Film und Beste Regie (Guillermo del Toro) unter die Gewinner zu zählen, obwohl die Gesamtquote mit 4 aus 13 eigentlich ziemlich schlecht ist. Darkest Hour ist mit zwei von sechs Oscars (Gary Oldman als Bester Hauptdarsteller sowie für das Beste Makeup) ebenfalls einer der Gewinner.

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Oscar nach Mexico! – (c) telemetro.com, all rights reserved

Coco, der neueste Film von Pixar/Disney, ist mit einer 100%igen Quote – zwei von zwei – ebenfalls ein klarer Gewinner. Vermutlich sogar der größte Gewinner des Abends (¡Viva México!). Neben dem erwarteten Sieg in der Kategorie Bester Animationsfilm konnte die Taschentuchfraktion von Pixar auch in der Kategorie Bester Song die höher eingeschätzte Konkurrenz von The Greatest Showman besiegen. Blade Runner 2049 darf sich durch den Oscar für Roger Deakins (endlich, nach 13 Nominierungen ohne Sieg) als Bester Kameramann und den Sieg in der Kategorie Special Effects (gegen das leicht höher eingestufte War For The Planet Of The Apes) ebenfalls noch unter die Gewinner zählen.

Dunkirk ging als haushoher Favorit in die Awards Saison, strauchelte jedoch zunehmend und wurde nach und nach von Three Billboards sowie The Shape Of Water aus den Hauptkategorien verdrängt. Nach dem Ausgang der Globes, SAG Awards und BAFTAs war schon klar, dass sich das Kriegsepos von Christopher Nolan mit technischen Awards zufrieden geben wird müssen. Und mit den Triumphen in Sound Editing, Sound Mixing und Editing passierte dann im Endeffekt genau dies. Hoyte van Hoytema hätte, wie schon in meinem Artikel aus dem Jänner angemerkt, in jedem anderen Jahr mit 99%iger Sicherheit den Oscar für die Beste Kamera nach Hause getragen, scheiterte jedoch heuer (zurecht) an Deakins. Im Endeffekt sind die drei Oscars (die nummerisch zweitbeste Ausbeute des Abends) aber das Maximum welches herausgeholt werden konnte.

Die Verlierer

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri startete mit einem hauchdünnen Vorsprung in die Zielgerade, musste jedoch am Ende in einem Fotofinish den Vortritt an The Shape Of Water geben. Diese Entscheidung war kurioserweise die spannendste der gesamten Zeremonie. Vor allem, weil es in den letzten Jahren fast ständig einen Split zwischen Best Director und Best Picture gab. Zwei Darstelleroscars (für Frances McDormand als Beste Hauptdarstellerin und Sam Rockwell als Bester Nebendarsteller) sind zwar nie zu verachten, im Endeffekt jedoch eine Enttäuschung für das in Alabama (und amüsanterweise nicht in Missouri) gedrehte Drama. The Phantom Thread (mit Daniel Day Lewis in seinem angeblich letzten Film) ging etwas überraschend mit sechs Nominierungen in den Abend, konnte am Ende aber (erwartungsgemäß) nur den Oscar für das Beste Kostümdesign mit nach Hause nehmen.

Nun zu den Indie-Filmen bzw. Newcomern. Lady Bird ist wohl der große Verlierer des Abends. Als einziger Mitfavorit konnte das Coming-of-Age-Drama von Greta Gerwig keinen einzigen Oscar gewinnen. Laurie Metcalf startete bei der Besten Nebendarstellerin aus der Pole Position, wurde jedoch nach und nach von Allison Janney (als harte bzw. bösartige Mutter von Tonya Harding in I, Tonya) überrundet und konnte gestern auch nicht mit einem Gewinn rechnen.

Nicht viel besser erging es Call Me By Your Name – das jedoch mit dem Oscar für das Adaptierte Drehbuch des 89-jährigen James Ivory zumindest einen Trostpreis gewinnen konnte. Ivory ist nun auch der älteste Oscargewinner aller Zeiten. Christopher Plummer (88) war für All The Money In The World bereits der älteste Schauspieler, der jemals für einen Oscar nominiert wurde. Ähnliches wie für Call Me By Your Name gilt auch für Get Out – hier konnte Jordan Peele den Academy Award für das Beste Originaldrehbuch für sich entscheiden, ging jedoch für den Besten Film und die Beste Regie leer aus. Bemerkenswert allerdings, dass es vor ihm nur drei andere Personen gab, welche in einem Jahr für diese drei Preise nominiert waren.

Mudbound, Star Wars: The Last Jedi, Baby Driver, The Beauty And The Beast, The Post und Victoria & Abdul gingen jeweils (fast durchgehend erwartungsgemäß) leer aus. Vor allem für das Journalismusdrama von Steven Spielberg ist dies nach nur zwei Nominierungen der nächste Schlag ins Gesicht, da das Gesamtrezept aus Spielberg + Streep + Hanks + Journalismus + US-Geschichte eigentlich für einen großangelegten Oscar-Push gesprochen hatte. Wenn man der öffentlichen Meinung jedoch Glauben schenkt, fehlt des dem Film ganz einfach an Substanz.

Die Langeweile

Die Awards-Season selber wird immer mehr zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Durch das Zusammenspiel an Vorpreisen (Globes, SAGs, BAFTAs etc.), Buchmacherquoten und Awards-Seiten (wie z.B. goldderby.com) werden Überraschungen nicht nur immer unwahrscheinlicher. Ich vertrete sogar mittlerweile die These, dass viele Mitglieder der Academy auch nicht annähernd alle Filme anschauen (müssen sie auch nicht), sondern teilweise auf Basis des allgemeinen Tenors entscheiden. Denn man wird [als Mitglied der Academy] im Gegensatz zu früher nicht nur nach seiner Meinung gefragt, sondern auch vielerorts konkret darauf angesprochen, was man von großen Favoriten hält und wie die historischen Chancen für bestimmte Konstellationen sind.

Nicht nur der Mangel an Überraschungen sondern auch der Mangel an bemerkenswerten Momenten oder Reden macht für mich die Summe aus meinem persönlichen Hashtag #OscarsSoBoring aus. Klar wurden diverse Bewegungen wie #MeToo oder #TimesUp in den Fokus gestellt, Harvey Weinstein kritisiert und die Diversity von Hollywood (im Bezug auf Hautfarbe, Geschlecht und sexueller Neigung) bei jeder Gelegenheit ins Licht gerückt. Aber wirklich neue Erkenntnisse wurden auch nicht gewonnen. Keine Brandreden gegen Trump, keine geheimen Offenbarungen und auch keine Fauxpas (looking at you, Warren & Faye) rundeten den Abend der Langeweile (bzw. für mich den Morgen der Langeweile) perfekt ab.

Der Ausblick

Wird das Oscarrennen kommendes Jahr spannender werden? Man weiß es nicht. Langweiliger wird es allerdings kaum werden können. Black Panther ist auf alle Fälle der erste ernstzunehmende Kandidat für 2019. Abgesehen davon wird First Man von Oscar-Gewinner Damien Chazelle mit Ryan Gosling als Neil Armstrong und Claire Foy als starker Kandidat gehandelt. Neue Filme von den ehemaligen Best-Picture-Siegern Steve McQueen (12 Years A Slave) sowie Barry Jenkins (Moonlight) sind logische Eintragungen auf der Watchlist. Auch ein neuer Film von Altmeister Scorsese namens The Irishman (mit dem alten Traumduo DeNiro & Pacino) wird in die Kinos kommen.

Matthias Schoenaerts als Franz Jagerstätter – (c) imdb.com, all rights reserved

Aus österreichischer Sicht wird Radegund von Terrance Malick (The Thin Red Line, The Tree Of Life) höchstinteressant werden, welches die Geschichte von Franz Jagerstätter erzählt und mit Matthias Schoenaerts, Bruno Ganz, Michael Nyqvist, August Diehl, Tobias Moretti und Karl Markovics auch hochkarätig besetzt ist. Abgerundet wird der Notizzettel von neuen Filmen von Alfonso Cuaron (Gravity), Adam McKay (The Big Short) sowie Steven Spielberg.

Nach diesem kurzen Ausblick in das Filmjahr 2018  gilt für uns selbsternannten Oscarologen nun wieder folgendes Motto: Die Awards Season ist tot, lang lebe die Awards Season.

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Golden Globes 2018 – Analyse & Ausblick

Die gestrigen 75. Golden Globe Awards in Hollywood standen ganz unter dem Zeichen von #MeToo und #TimesUp. Wer die wirklich beeindruckende Rede von Oprah Winfrey (der heurigen Cecil B. De Mille Preisträgerin) noch nicht gesehen oder gehört hat, lebt womöglich unter einem digitalen Stein und kann dies hier nachholen:

Oprah als nächster POTUS? Wieso nicht. Aktuell wird auf alle Fälle fleißig spekuliert. Mit ihrem kommerziellen Imperium hat sie ein Vermögen von geschätzten 2.8 Milliarden USD aufgebaut (Quelle: Forbes) und abgesehen davon ist sie sowieso ein national treasure. Trump gegen Winfrey in 2020 wäre das wohl ungleichste politische Duell aller Zeiten, zumindest in den Vereinigten Staaten. Aber: sogar das stable genius ist (war) ein Fan der langjährigen Talkshow-Queen, wie der nachfolgende Tweet aus 2012 beweist. Im Falle von Trump kommt einmal mehr die Regel zur Anwendung: there’s a tweet for everything.

Golden Globes: Verlierer des Abends

Doch nun in medias res. Beginnen will ich beim großen Verlierer des Abends und dieser lautet ganz eindeutig Dunkirk. Dreimal nominiert, galt das Kriegsepos von Christopher Nolan bis zuletzt zumindest als Favorit in zwei dieser drei Kategorien. Doch sowohl Hans Zimmer für seine Filmmusik (gegen Alexandre Desplat) als auch Nolan selber (gegen Guillermo del Toro) zogen jeweils den kürzeren gegenüber The Shape Of Water (bei uns ab 16. Februar in den Kinos). Auch der Film an sich war dadurch im Endeffekt in der Kategorie Bestes Drama chancenlos. Einmal mehr bestätigt sich die Annahme, dass ein Film mit einem Start im Sommer fast chancenlos in der Awards Season ist. Wer Oscars abräumen will, bringt einen Film schon seit Jahren irgendwann zwischen Ende Oktober und Mitte Dezember in die Kinos, so erzielt man den besten Querschnitt aus Kurzzeitgedächtnis und Langzeiterinnerung.

Für Dunkirk dürfte nach gestern auch das Oscarrennen gelaufen sein. Neben der Bauchlandung bei den Globes gab es nämlich vorletzte Woche auch keine Nominierung für das Beste Ensemble bei den SAG-Awards (Screen Actors Guild). Der letzte Film, der den wichtigsten aller Oscars ohne diese Nominierung holen konnte? Braveheart vor über 20 Jahren. Als letztes Strohfeuer könnten sich nur mehr die BAFTAs anbieten, denn die Geschichte von Dunkirk ist ein großes Stück britische Geschichte – und wenn der Film auch im Heimatland keine Preise holt, wird der Oscarreigen im Endeffekt auf die technischen Kategorien beschränkt bleiben. Für Schnitt, Tonschnitt und Toneffekte ist der Film nahezu konkurrenzlos, im Falle der besten Kameraführung ist Hoyte Van Hoytesma auch nur durch eine Ausnahmeleistung von Altmeister Roger Deakins (13 Nominierungen, 0 Siege) bei Blade Runner 2049 ins Hintertreffen geraten.

Ebenfalls ein Verlierer des Abends ist das coming-of-age Drama Call Me By Your Name, das wie Dunkirk ebenfalls gänzlich leer ausging. Dem Newcomer Timothy Chalamet (nebenbei auch mit Lady Bird im Rennen um einen SAG-Award) wurden leichte Außerseiterchancen gegen Gary Oldman nachgesagt, im Endeffekt konnte der britische Charakterdarsteller aber dann für seine Rolle als Winston Churchill in The Darkest Hour doch noch den Sieg über die Ziellinie retten. Auch Armie Hammer (The Social Network; The Lone Ranger) und der Film an sich gingen leer aus.

Das schlechte Abschneiden von The Post (bei uns klarerweise mit Die Verlegerin übersetzt) ist wenig überraschend. Der Film hatte nur kurzzeitig Oscar-Buzz, obwohl das Drama eigentlich ALLE Zutaten für einen Abräumer in der Awards Season aufweist: Steven Spielberg + Meryl Streep + Tom Hanks + Filmmusik von John Williams + Film über die Integrität der Presse. Woran es liegt? Ich weiß es nicht.

Zurück zu The Shape Of Water – auch das Fantasydrama des mexikanischen Fantasyspezialisten Guillermo del Toro (einem breiten Publikum bekannt geworden durch Pan’s Labyrinth) muss man nicht unbedingt zu den großen Gewinnern des Abends zählen. Trotz der beiden Statuetten für Regie und Filmmusik ging man als meist nominierter Film des Abends in allen anderen Kategorien leer aus. Sowohl in der Hauptkategorie (Bestes Drama) als auch bei den Schauspielerpreisen (Sally Hawkins als Beste Hauptdarstellerin in einem Drama und Richard Jenkins als Bester Nebendarsteller) musste man sich der starken Konkurrenz beugen.

Golden Globes: Gewinner des Abends

Three Billbourds Outside Ebbing, Missouri startete nicht als Topfavorit in die Awards Season, ist jedoch seit gestern jener Film, der ab jetzt geschlagen werden muss. Dies zeigen auch die aktuellen Buchmacher-Quoten, welche etwas später in diesem Blogposting angetroffen werden können (ich will den Spannungsbogen nicht brechen).

Neben dem wichtigsten Preis (Best Drama) konnte das Drama von Martin McDonagh (In Bruges, 7 Psychopaths) auch erwartungsgemäß den Preis für die beste Hauptdarstellerin in einem Drama (Frances McDormand) abräumen. Die Charakterdarstellerin (und nebenbei Ehefrau von Joel Coen) dürfte damit aller Voraussicht nach heuer ihren zweiten Oscar nach Fargo im Jahr 1997 gewinnen – und dies nach einstimmiger Meinung aller Experten auch völlig verdient.

Frances McDormand – (c) deadline.com, all rights reserved

Etwas überraschend war der Sieg von Sam Rockwell (Moon) als Bester Nebendarsteller gegen den favorisierten Willem Defoe, der jedoch einen großen Nachteil hatte, weil sein Film The Florida Project von der HFPA (Hollywood Foreign Press Association) ansonsten gänzlich außen vor gelassen wurde. Hier würde ich das Rennen zwischen Rockwell und Defoe jedoch noch nicht als erledigt sehen. Bloß Richard Jenkins (wie erwähnt für The Shape Of Water), der dritte potentielle Kandidat, dürfte nun bereits aus dem Rennen sein.

Größter Gegner von Three Billboards Outside Ebbing, Missouri könnte ab jetzt Lady Bird sein. Das Regiedebüt von Indie-Queen Greta Gerwig (Frances Ha, Mistress America) über einen rebellischen Teenager, dem die kalifornische Heimatstadt zu klein wird, wurde nämlich in der Kategorie Beste Komödie/Musical seiner Favoritenrolle gerecht.

Auch Saoirse Ronan (die man wie im nachfolgenden Clip aus der Late Show With James Corden ausspricht) wurde als Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet und wird heuer im zarten Alter von 23 bereits zum dritten Mal für den Oscar nominiert werden (Atonement, Brooklyn) und damit einen neuen Altersrekord für diese Marke aufstellen. Die bezaubernde Irin (die in New York City geboren wurde) wird über kurz oder lang sowieso die Nachfolge von Meryl Streep und Kate Winslet als mehrheitlich gefühlt beste Schauspielerin ihrer Generation antreten.

Laurie Metcalf (bekannt durch ihre Rollen als Schwester von Roseanne sowie als Mutter von Sheldon in The Big Bang Theory) verlor etwas überraschend das Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den HFPA-Darling Allison Janney. Diese wurde für ihr Porträt als Tonya Hardings ultrastrenge Mutter im Biopic über das Leben der skandalbehafteten Eiskunstläuferin in I, Tonya ausgezeichnet. Doch auch hier ist das Rennen noch lange nicht gelaufen.

Was habe ich bis dato noch nicht erwähnt? Das Terror-Drama Aus dem Nichts (In The Fade) von Fatih Akin mit Diane Kruger (Inglourious Basterds) in der besten Rolle ihres bisherigen Schauspielerlebens konnte doch etwas überraschend den Preis für den besten Auslandsfilm gewinnen. Damit geht Deutschland auch als leichter Favorit in das Oscarrennen. Doch gerade bei den Auslandspreisen sind sich HFPA und Academy oft sehr uneinig.

James Franco galt als leichter bis mittlerer Favorit für seine Darstellung in The Disaster Artist (bei dem er sich nebenbei auch für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnete) und konnte sich im Endeffekt auch gegen Daniel Kaluuya (Get Out) durchsetzen. Mehr als eine leichte Erhöhung seiner Chancen auf eine Nominierung für den Besten Schauspieler bei den Oscars stellt dies jedoch nicht dar. Hier sind die Herren aus der Dramakategorie erfahrungsgemäß deutlich bevorzugt.

Coco, das neueste Pixar-Meisterwerk, war und ist heuer im Bezug auf den Besten Animationsfilm sowieso gänzlich konkurrenzlos und wird heuer auch den Oscar gewinnen. Der Sieg von This Is Me war eine große Überraschung beim Besten Song, hier ist Remember Me aus Coco aus der Feder von Kristen Anderson Lopez und Robert Lopez (Oscar für Let It Go aus Frozen) weiterhin der große Oscarfavorit. Auch in dieser Kategorie liegen nämlich die Geschmäcker von HFPA und Academy weit auseinander.

Hochrechnung: Academy Awards 2018

Nachfolgend die bereits angekündigten aktuellen Quoten von oddschecker.com (Stand: 8. Jänner 2018) für den Besten Film bei den Oscars, bei denen Dunkirk vom ersten auf den sechsten Platz zurückgerutscht ist.

Oscar Quoten Bester Film
https://www.oddschecker.com/awards/oscars/best-picture

Es ist noch immer sehr früh – es gibt noch keine BAFTA- & Oscar-Nominierungen und die PGA Awards und SAGs wurden auch noch nicht vergeben, aber dennoch wage ich mich an meine erste ernsthafte Hochrechnung für die heurigen Oscars.

Film Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Actress Frances McDormand (Three Billboards)
Actor Gary Oldman (The Darkest Hour)
Actress in a Supporting Role Laurie Metcalf (Lady Bird)
Actor in a Supporting Role Sam Rockwell (Three Billboards)
Directing Guillermo del Toro (The Shape Of Water)
Original Screenplay Lady Bird
Adapted Screenplay Call Me By Your Name
Cinematography Roger Deakins (Blade Runner 2049)
Costume Design The Beauty And The Beast
Production Design The Shape Of Water
Film Editing Dunkirk
Sound Editing Dunkirk
Sound Mixing Dunkirk
Visual Effects War For The Planet Of The Apes
Makeup & Hair The Darkest Hour
Score Alexandre Desplat (The Shape Of Water)
Song Remember Me (Coco)
Animated Feature Coco
Foreign Film Aus dem Nichts (Deutschland)

Die Kategorien Documentary, Documentary Short, Animated Short und Live Action Short lasse ich wie üblich aus, hier hat man als Laie eigentlich nur wenig Chancen auf den richtigen Tipp.

Zusammenfassend würde diese Verteilung folgendes Bild ergeben:

3 – Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
3 – The Shape Of Water
3 – Dunkirk
2 – Lady Bird
2 – Coco
2 – The Darkest Hour
1 – Call Me By Your Name
1 – Blade Runner 2049
1 – The Beauty And The Beast
1 – War For The Planet Of The Apes
1 – Aus dem Nichts

Der Trend der letzten Jahre würde sich demnach also weiter fortsetzen. Die Zerklüftung der goldenen Statuetten auf viele verschiedene Filme ist nämlich mittlerweile schon Standard und nicht mehr die Ausnahme. Die Zeiten der großen Abräumer wie Titanic oder Lord Of The Rings: The Return Of The King (jeweils 12 Oscars) sind vorbei, weil die Academy in ihrer Zusammenstellung auch immer heterogener geworden ist. Indie-Filme wie heuer Lady Bird, Call Me By Your Name die vor 10-15 Jahren noch mehrheitlich chancenlos gewesen wären, haben mittlerweile die gleichen (oder teilweise sogar besseren) Chancen wie ein 100-Millionen-Epos im Stile von Dunkirk.

Das nächste (und letzte) Update meiner Oscar-Tipps gibt es dann in der Woche vor der Verleihung der Oscars, welche heuer am ersten Sonntag im März stattfindet.

 

Best of 2017: Serien

Wir leben in einem Zeitalter, in dem es aufgrund des hohen Niveaus und der großen Vielfalt an (Bezahl-)Plattformen einfach nicht mehr möglich ist, alle vielversprechenden Serien anzusehen. Ich persönlich habe (um nur einige Beispiele zu nennen) The Handmaid’s Tale, This Is Us, GLOW, Outlander oder The Crown noch nie gesehen. Von Big Little Lies und The Deuce war ich nicht so überzeugt wie viele Kritiker.

Ich hätte heuer genau so gut eine Liste mit meinen Top20-Serien erstellen können, denn es gibt auch einige prominente Opfer, welche heuer aus verschiedensten Gründen ihren Platz in meiner Top10-Liste verloren haben: Game Of Thrones, Orphan Black, Black Mirror, The Americans, Sherlock, Master Of None BoJack Horseman, Bloodline, The Affair, Homeland sowie Ray Donovan.

Insgesamt gibt es in meiner heurigen Liste fünf Neueinstiege, den höchsten auf Platz 1. Neben der Platzierung in Klammer jeweils die Information über die Staffel, die Anzahl der Episoden in der Staffel sowie die amerikanische & österreichische Plattform, auf welche man die Serie ansehen kann. Hier noch die Links zu meiner Liste aus 2016 sowie zur Liste aus 2015.


10 – Ozark (Staffel 1 / 10 Episoden // Netflix)

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Alles ist in Ordnung, Sheriff – (c) indiewire.com, all rights reserved

Einer der Überraschungshits des Jahres. Eine scheinbar normale Familie rund um Jason Bateman und Laura fucking Linney (regelmäßige Seher von Last Week Tonight werden diese Referenz verstehen) muss schlagartig von der großen Stadt in die Ozarks (Missouri) flüchten bzw. untertauchen, weil die geheimen Machenschaften des Ehemanns (Geldwäsche für ein Drogenkartell) ans Licht kommen. Seine Frau und Kinder können sich mit der Situation nur wenig anfreunden, denn vom technologischem Fortschritt hat man im Sumpfgebiet noch eher wenig erfahren und auch die Menschen sind größtenteils seltsam (bzw. kriminell).

Ozark ist eine Serie mit (überraschend) schwarzem Humor und einigen unerwarteten Wendungen. Ich persönlich konnte mir Jason Bateman (Arrested Development, Horrible Bosses) nur schwer in einer dramatischen Rolle vorstellen, er überzeugt jedoch vollends und wurde auch für einen Golden Globe nominiert. Eine zweite Staffel ist bereits in Planung, es gibt allerdings noch keinen Termin dafür.

09 – Better Call Saul (S3 / 10E // AMC / Netflix)

Kollegin & Crush zugleich – (c) collider.com, all rights reserved

Das Niveau, welches Better Call Saul als Spinoff von Breaking Bad halten kann, wird immer beeindruckender. Die Mischung aus Anwaltsserie, Krimi, Komödie und Drama ist einfach abgerundet. Seit der dritten Staffel gehört auch Giancarlo Esposito in seiner Rolle als Drogenbaron Gus Fring wieder dem Ensemble an. Doch vor allem Michael McKean konnte heuer in seiner Rolle als Bruder von Jimmy McGill (Bob Odenkirk) seinen schauspielerischen Stempel auf die Serie aufdrücken. Im Gegensatz zu BB erfährt BCS jedoch insgesamt weniger Kritikerliebe, anders ist es nicht zu erklären, dass Bob Odenkirk bisher noch keinen Emmy oder Globe für seine Paraderolle erhalten hat. Am Sonntag hat er die nächste (kleine) Chance dazu. Doch Kritikerpreise hin oder her, BCS ist eines der besten Spinoffs aller Zeiten (ich mochte dich nie, Frasier), hat durch seine Existenz im BB-Universum eine automatische Fanbasis und wird auch für mich weiterhin ein Fixpunkt in meinem Netflix-Katalog bleiben.

08 – Fargo (S3 / 10E // FX / Netflix)

„Sie arbeiten jetzt für mich, ob Sie wollen oder nicht“ – (c) digitaltrends.com, all rights reserved

Fargo ist eine Anthologieserie. Das bedeutet, dass mehrere Staffeln unter dem gleichen Titel laufen, jedoch nichts (oder wenig) miteinander zu tun haben. Im Bezug auf das Serien-Universum bin ich der Meinung, dass sowohl S1 als auch S2 besser als S3 sind. Fargo ist allerdings schon grundsätzlich so gut, dass selbst die drittbeste Staffel (von dreien) noch immer für den achten Platz in meinem Jahresranking reicht. Dies liegt (wie bei Fargo gewohnt) einmal mehr am ausgezeichneten Schauspielerensemble. Angeführt wird dieses von Carrie Coon, sie wurde in ihrem Durchbruchsjahr für ihre Rolle auch für einen Emmy nominiert (und von den Globes übergangen). Dafür rittern Ewan McGregor (der ein ungleiches Zwilligsbrüderpaar spielt) und David Thewlis am kommenden Sonntag jeweils um diesen Preis. Letzterer spielt den unappetitlichsten Bösewicht seit Jabba The Hutt und ist damit der legitime Nachfolger des von Billy Bob Thornton in Staffel 1 gespielten Charakters Lorne Malvo.

07 – Stranger Things (S2 – 10E // Netflix)

Stealing the show – (c) nerdist.com, all rights reserved

Im Juli 2016 habe ich eine spoilerfreie Review zur ersten Staffel verfasst. Die Erwartungen nach der Brillianz von S1 waren immens und konnten eigentlich nur enttäuscht werden. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn nach dem Platz an der Sonne im letzten Jahr konnte heuer auch die zweite Staffel einen Top10-Platz in meinem persönlichen Ranking belegen. Okay, die Story ist relativ ähnlich und stellenweise banal. Doch Stranger Things lebt erneut vom hervorragenden Schauspielerensemble und dem 80er-Jahre-Flair. Neben David Harbour als Chief Hopper (völlig zurecht für einen Golden Globe nominiert) war diesmal auch das Mitwirken von Sean Astin (The Goonies) eine liebevolle Hommage an das Abenteuerkino der 80er-Jahre. Doch im Zentrum des Geschehens sind eindeutig wieder die Kids, deren Ensemble diesmal etwas vergrößert worden ist. Stranger Things wurde aufgrund des kommerziellen Erfolgs mittlerweile auf vier Staffeln verlängert und ist (neben House of Cards) das zentrale Mosaikstein im Katalog der Eigenproduktionen von Netflix.

06 – Taboo (S1 – 8E // BBC & FX / Amazon)

Tom Hardy als James Keziah Delaney in Taboo
Henlo, i bims der James Keziah Delaney – (c) esquire.com (all rights reserved)

Diese Serie hat im April des heurigen Jahres bereits ein Einzelreview meinerseits erhalten. „Tom Hardy“ sollte für viele bereits reichen, um Interesse zu erwecken. Die im frühen 19. Jahrhundert angesetzte Serie dreht sich um Homosexualität, Inzest, Sklavenhandel, Kannibalismus, Okkult und Kinderprostitution, es ist also für jede(n) etwas dabei. Aufgrund des Erfolgs bei Kritikern und Publikum wurde Taboo bereits um eine zweite Staffel verlängert, welche für 2018 angekündigt ist und einen Schauplatzwechsel (also weg aus dem stinkenden und versifften London) mit sich bringen könnte. Für mehr Details zum Inhalt oder den Schauspielern bitte einfach einen kurzen Blick in mein Review werfen.

05 – The Marvelous Mrs. Maisel (S1 – 10E // Amazon)

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Was mache ich eigentlich hier? – (c) mic.com, all rights reserved

Diese Serie, welche seit Ende November 2017 bei Amazon Video abrufbar ist, hat aus meiner Sicht zwei Grundprobleme. Zum einen klingt der Serientitel nicht besonders verlockend (ist aber wenigstens diesmal nicht der deutschen Übersetzung geschuldet) und zum anderen war die Promotion eher bescheiden bis gar nicht vorhanden. Daher muss ich an dieser Stelle word-of-mouth-Marketing betreiben und die Serie als eine der besten Comedies des Jahres betiteln. Zum Inhalt – wir schreiben das Jahr 1958. Miriam Maisel (gespielt von Rachel Brosnahan, am besten bekannt als Rachel Posner in House of Cards) ist die perfekte Mutter und Hausfrau in der Upper West Side. Dann beginnt ihr Ehemann jedoch ein Techtelmechtel mit der naiven Sekretärin und trennt sich infolgedessen von seiner Ehefrau. Aus Zufall stolpert sie angetrunken in einen Comedy Club und findet heraus, dass ihr großes Talent nicht als Hausfrau sondern auf der Stand-Up-Showbühne liegt.

Wer auf Brachialhumor steht, wird bei TMMM enttäuscht werden. Denn diese Serie lebt von ihrem warmherzigen und intelligenten Humor, ist in den Nebenrollen ausgezeichnet besetzt (u.a. Alex Borstein, Tony Shalhoub, Kevin Pollak) und wurde heuer auch für zwei Golden Globes (Best Comedy, Best Actress in a Comedy Series) nominiert.

04 – Mindhunter (S1 – 10E // Netflix)

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Wieso hast du das gemacht? – (c) Den of Geek, all rights reserved

Wenn David Fincher (u.a. Sieben, Fight Club, The Social Network) etwas schreibt oder produziert, dann hat dieses Machwerk automatisch meine höchste Aufmerksamkeit. Mindhunter versetzt den Zuseher in die USA der 1970er Jahre, in denen forensische Psychologie bei der Aufklärung von Straftaten noch nicht erfunden bzw. in Verwendung war. Jonathan Groff spielt einen rebellischen FBI-Agenten, der aufgrund von Gesprächen mit seiner Freundin (die Psychologie studiert) und einer anerkannten Psychologin jedoch neue Wege bei der Aufklärung und Verhinderung von Straftaten beschreiten will. Zu diesem Zweck bereist er gemeinsam mit seinem zurückhaltenden Kollegen diverse Hochsicherheitsgefängnisse um bekannte Mörder nach ihren Motiven zu befragen. Die Serie beruht auf den Büchern des realen FBI-Fallanalytikers John E. Douglas und lebt von der düsteren Grundstimmung und den grausamen Bildern, die sich aufgrund der Beschreibungen der Straftaten durch die Killer im Kopf des Zusehers manifestieren. Aufgrund des kritischen Erfolges wurde die zweite Staffel bereits abgesegnet.

03 – Mr. Robot (S3 – 10E // USA / Amazon)

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Irgendetwas ist schief gegangen .. (c) GC.com, all rights reserved

War die erste Staffel noch meine Lieblingsserie des Jahres 2015, so verlor das Hacker-Drama aus der Feder von Sam Esmail letztes Jahr sechs Plätze. Heuer findet sich die dritte (und anders als erwartet nicht letzte) Staffel auf dem 3. Platz wieder. Dies liegt vor allem daran, dass die Storyline wieder nachvollziehbarer und realistischer wurde und nicht übertrieben auf einer Metaebene dahinschwimmt wie die vorherige Staffel. Einige filmschaffende Experimente (z.B. eine Folge ohne jeglichen Schnitt) wirkten nicht gekünstelt, sondern fügten sich nahtlos in den Spannungsbogen rund um den von Rami Malek (der kommendes Jahr als Freddy Mercury im Queen-Biopic Bohemian Rhapsody agieren wird) gespielten schizophrenen Hauptchrakter ein. Die Fronten sind abgesteckt, die Motive der Antagonisten sind bekannt, daher wird die vierte (und aller Voraussicht nach wirklich letzte) Staffel wohl dazu verwendet werden, die Story (zumindest für die meisten) zufriedenstellend beenden zu können.

02 – The Leftovers (S3 – 8E // HBO / sky)

Kevin und Nora – (c) esquire.com, all rights reserved

Die dritte und letzte Staffel von The Leftovers bildete einen würdigen Abschluss für eine Serie, welche mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Nach der ersten Staffel bereits von vielen Zusehern und Kritikern (und auch mir) abgeschrieben, schaffte das Mystery-Drama aus der Feder von Damon Lindelof (Lost) nach dem Buch von Tom Perrotta erst mit der zweiten Staffel den Turnaround. Die dritte Staffel konnte dies jedoch nochmal toppen. The Leftovers hat seine Zuseher ständig ratlos, unaufgeklärt und verunsichert zurückgelassen, beging aber nicht den Kardinalfehler von Lost – denn am Ende wurden die wichtigsten Mysterien aufgeklärt und es kommt zu einem ultimativen Moment zwischen den von Carrie Coon und Justin Theroux gespielten Hauptcharakteren, welche über die gesamte letzte Staffel hinweg absolut brillierten.

01 – Halt And Catch Fire (S4 – 10E // AMC / Amazon)

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How will it end? (c) amcnetworks.com, all rights reserved

Wie bereits Mitte Oktober 2017 angekündigt, ist die vierte und letzte Staffel von Halt And Catch Fire meine Serie des Jahres. Daran hat sich auch während der letzten zweieinhalb Monate nichts geändert. Dieses, dem breiten Publikum leider nahezu unbekannte Kleinod der Serienlandschaft hat es in vielen US-amerikanischen Reviews ebenfalls auf die #1 der Jahresbestenlisten geschafft. Wer mehr über den Inhalt erfahren will, kann dies in meinem Blog nachholen. Hier will ich nur mehr anmerken, dass keine Serie die ich 2017 gesehen habe, auch nur annähernd so emotional wie die letzten vier Folgen dieser Serie war. HCF hat sich im Laufe der vier Staffeln nie primär um den technologischen Fortschritt zwischen 1983 und 1995 gedreht, sondern wie die menschlichen Beziehungen der Protagonisten durch diesen Fortschritt beeinflusst und (dauerhaft) verändert werden. Auch das Ende dieser Serie war absolut perfekt und lässt keine Fragen offen.

Best of 2017: Filme

Ein kurzer Rückblick auf die vergangenen Jahre: nach Arrival (2016), Inside Out (2015), Whiplash (2014) und Drive (2013) küre ich zum bereits fünften Mal in meinem Blog meine persönlichen zehn Lieblingsfilme des Jahres. Dabei inkludiere ich wie immer alle Filme, welche ich zwischen 1.1. und 27.12. gesehen habe, egal ob diese schon 2016 in den Kinos angelaufen sind. Vier der zehn nachfolgenden Filme stammen aus der Awards Season 2016, die restlichen sechs Filme kämpfen in der heurigen Awards Season (mal mehr, mal weniger) um die begehrten Globes, SAGs und Oscars.

Noch eine kurze Erklärung bevor ich in medias res gehe: ein Klick auf den Filmtitel führt zur jeweiligen IMDb-Seite, der Name in Klammer ist der Regisseur des Films, der erste Zahlenwert die aktuelle IMDb-Bewertung (von 0.0 bis 10.0) und der zweite Zahlenwert der aktuelle Metascore (Kritikerwert der sich von 0-100 erstreckt).

10. Wind River (Taylor Sheridan | 7.8 – 73)

Wie schon „Sicario“ und „Hell Or High Water“ lebt auch Wind River vom starken Drehbuch von Taylor Sheridan, der diesmal auch selber Regie führte. Jeremy Renner spielt einen orts- und vor allem schneekundigen Angestellten des Amts für Jagd & Fischerei im tiefwinterlichen Wyoming,  der zusammen mit einer jungen FBI-Agentin (Elizabeth Olsen, die jüngere Schwester der Olsen-Zwillinge) einen mysteriösen Mord an einer jungen Frau aufklären soll. Die Kälte die sich durch den gesamten Film zieht, wird durch viele atmosphärische Einstellungen quasi spürbar und wirkt unangenehm. Wind River ist ein geradliniger, harter Thriller im Stile von Sam Peckinpah. Der Film läuft in unseren Kinos erst im Februar 2018 (über ein Jahr nach dem US-Debüt) an und war im deutschsprachigen Raum bisher nur in Previews zu sehen, ist aber für mich ein absoluter Geheimtipp für einen kurzweiligen Kinoabend im heurigen Winter.

Elizabeth Olsen und Jeremy Renner – kalt is‘. (c) youtube.com, all rights reserved

9. Nocturnal Animals (Tom Ford | 7.5 – 67)

Nocturnal Animals ist Film der von seiner düsteren Atmosphäre lebt. Ein Film mit einem fiktiven und einem realen Handlungsstrang, welche scheinbar immer stärker ineinander verfließen. Ein Film der uns lehrt, dass Amy Adams und Isla Fisher nicht die gleiche Person sind, obwohl sie die hier gleiche Person spielen. Ein Film der wieder einmal beweist, dass Jake Gyllenhaal einer der besten Schauspieler unserer Generation ist. Die Schau wird ihm jedoch diesmal von den Nebendarstellern gestohlen, zum einen von Aaron Taylor Johnson, der für seine Rolle also psychopathischer Bösewicht auch den Golden Globe gewinnen konnte, und zum anderen von Michael Shannon, der sowieso in jedem Film großartig ist. Die Anfangsszene ist verstörend und daher gibt es von meiner Seite auch einen Hinweis: die gehört wirklich zum Film, obwohl man es kaum glauben kann. Nach seinem Debüt „A Single Man“ ist auch der zweite Film von Modeikone Tom Ford absolut sehenswert und lässt auf viele weitere Nachfolgefilme hoffen.

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Amy Adams und Isla Fisher (oder umgekehrt?) – (c) vulture.com, all rights reserved

8. Logan (James Mangold | 8.2 – 77)

Vermutlich der mit Abstand brutalste und gleichzeitig nachhaltigste Film aus dem X-Men-Universum. Der Soundtrack von Cliff Martinez (u.a. „Drive“) ist düster und untermalt die endnahe Stimmung des Filmes, der sich auch leichte Chancen auf die Awards-Season ausrechnen durfte, jedoch durch den frühen Kinostart und eines No-Shows bei SAGs und Globes nun chancenlos ist. Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sowohl Patrick Stewart als auch Hugh Jackman in ihren jeweiligen Abschiedsvorstellungen aus der X-Men-Reihe ihre jeweils besten schauspielerischen Leistungen abliefern, welche von James Mangold (u.a. Walk The Line, Identity) atmosphärisch und choreographisch beeindruckend auf die Leinwand gebracht wurde.

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Du hast schon mal besser ausgesehen, Wolverine – (c) vulture.com, all rights reserved

7. The Big Sick (Michael Showalter | 7.7 – 86)

Der Film, der sich als letzter in meine heurige Top10 einreihen konnte. Ein weiterer Überraschungshit, basierend auf der (wahren) Lebensgeschichte des pakistanisch-amerkanischen Schauspielers und Stand-Up-Comedians Kumail Nanjiani, der den meisten aus seiner Rolle in der HBO-Serie Silicon Valley bekannt sein wird. The Big Sick ist mit Holly Hunter und Ray Romano sowie Bollywood-Superstar Anupam Kher in den Nebenrollen schauspielerisch exzellent besetzt, Zoe Kazan (die Enkelin von Hollywood-Regie-Legende Elia Kazan) mimt die heutige Ehefrau von Nanjiani namens Emily Gordon, welche auch das Drehbuch zusammen mit ihrem Mann schrieb. Ein zeitgenössischer Film über Culture Clashes (North Carolina vs. Pakistan am Schauplatz Chicago) und die sonderbaren Wege der Liebe. The Big Sick trifft immer den richtigen Ton, ist niemals schmalzig oder übertrieben und überzeugt durch das bereits erwähnte homogene Schauspielerensemble.

Wenn man die Quasi-Ex-Schwiegereltern im Krankenhaus kennen lernt. – (c) thr.com, all rights reserved

6. Hidden Figures (Theodore Melfi | 7.8 – 74)

Diesen Film sah ich zum ersten Mal im Flugzeug von Amsterdam nach San Francisco und es waren die wohl kurzweiligsten zwei Stunden des elfstündigen Flugs. Der Film nach einer wahren Begebenheit erzählt die Geschichte von dunkelhäutigen Mathematikerinnen bei der NASA in den 60er-Jahren. Also in einer Zeit in der es noch rassengetrennte Toiletten gab und die professionelle Meinung von Frauen größtenteils ignoriert wurde. Die Schauspielerriege (angeführt von Taraji P. Henson, Octavia Spencer und Kevin Costner in seiner besten Rolle seit Jahren) in Hidden Figures agiert überragend und erzeugt dadurch einen hoch emotionalen und motivierenden Film im Bezug auf Gleichberechtigung, der bis in die Nebenrollen prominent besetzt ist (u.a. Jim Parsons oder Mahershala Ali). Bei den SAG-Awards 2017 konnte er sogar überraschenderweise den Actor für das beste Ensemble gewinnen und sich gegen die favorisierten Moonlight und La La Land durchsetzen.

Wer ist hier deplatziert? – (c) thr.com, all rights reserved

5. La La Land (Damien Chazelle | 8.1 – 93)

Ich bin kein Freund von Musicals. Um nur einige Beispiele zu nennen – ich habe Chicago nie gesehen, ich habe Nine nie gesehen, ich habe Dreamgirls nie gesehen. Doch La La Land hat es mir heuer absolut angetan. Dies mag am meisterhaften Soundtrack liegen (Oscars für beste Filmmusik & besten Filmsong) aber auch an der (Leinwand-)Chemie zwischen Emma Stone (ebenfalls mit dem Oscar ausgezeichnet) und Ryan Gosling. Oder dem Fakt, dass ich viele der Originalschauplätze im Zuge meiner Kalifornien-Reise im Juni auch selber besuchen konnte, wie etwa das Griffith-Observatorium, welches seit La La Land Rekordbesuche verzeichnen kann. In die Geschichte wird der Film dennoch wegen des Fauxpas von Warren Beatty und Faye Dunaway bei den Oscars eingehen, als der Film für wenige Minuten (fälschlicherweise) als bester Film verkündet wurde. Für mich die bemerkenswerteste Szene ist übrigens das Kennenlernen der beiden in den Hollywood Hills, welches ganz ohne Schnitt auskommt und daher eine perfekte vierminütige Choreographie beider Schauspieler (inkl. Gesang und Tanz) verlangte.

4. Baby Driver (Edgar Wright | 7.7 – 86)

Was wohl vor einem Jahr noch niemand geahnt hätte – Baby Driver könnte als letzter Film mit Kevin Spacey in den Credits in die Filmgeschichte eingehen. Aus marketingtechnischer Sicht kam der Film jedoch glücklicherweise bereits vor den diversen Anschuldigungen gegen den zweifachen Oscarpreisträger in unsere Kinos. Aber zurück zum Film: dank eines exzellenten Soundtracks (von Regisseur Edgar Wright mit ausgewählt) und der Nonstop-Action konnte sich Baby Driver im heurigen Sommer als einer der großen Hits des Jahres positionieren, der gleichermaßen gut bei Publikum und Kritikern ankam. Anders als in vergleichbaren Heist-Filmen wie „Gone in 60 Seconds“ oder im Remake von „The Italian Job“ sind nämlich auch die Charaktere klar gezeichnet und müssen daher nicht dem Auto (bzw. den Autos) die Show überlassen. Unnützes Wissen: den Subaru WXR aus dem Film besitzt mittlerweile Ansel Elgort, der die Produzenten monatelang anbettelte, bis sie ihm das Auto letztendlich zum Geburtstag überließen.

3. Get Out (Jordan Peele | 7.7 – 84)

Get Out ist DER Überraschungshit des heurigen Jahres. Und dies völlig zurecht. Jordan Peeles Debüt als Regisseur konnte bei einem für Hollywoodverhältnisse wirklich winzigen Budget von 5 Millionen bis dato mehr als 250 Millionen weltweit einspielen und ist damit gemessen an diesem Verhältnis der kommerziell erfolgreichste Film des Jahres. Ein Horrorthriller mit absolut irren Wendungen und mit Spannung bis zum Schluss, der in Österreich leider brutal schlecht vermarktet wurde und daher kaum Zuschauer in die Kinos locken konnte. Daniel Kaluuya wurde ebenso wie der Film für einen Golden Globe nominiert. Bei den Oscars bestehen die besten Chancen allerdings für das beste Originaldrehbuch (ebenfalls von Jordan Peele, den man bei uns wenig bis gar nicht kennt, in den USA als Teil von Key & Peele jedoch breite Bekanntheit genießt).

Schön, endlich die neue Familie zu treffen. Oder doch nicht? (c) collider.com, all rights reserved

2. Dunkirk (Christopher Nolan | 8.2 – 94)

Zum ersten Mal seit Insomnia im Jahre 2002 wandte sich Christopher Nolan wieder von Sci-Fi-Epen ab und brachte im Sommer mit Dunkirk den wohl besten Kriegsfilm seit Saving Private Ryan in die Kinos. Obwohl die Schauspielerriege sehr homogen ausgewählt wurde (und im Vergleich zu Nolans letzten Filmen mit quasi keinen Weltstars besetzt wurde), erhielt der Film dennoch keine Nominierung für das Beste Ensemble bei den SAG-Awards. Daher dürften die Chancen auf den besten Film den Oscars nahezu Geschichte sein, der letzte Film der diese spezielle Nominierung nicht erhielt aber dennoch den Oscar abräumen konnte, war Braveheart vor über 20 Jahren. Bei Dunkirk ist vor allem die Kameraführung von Hoyte Van Hoytesma explizit zu erwähnen, die allerdings durch Roger Deakins‘ Arbeit bei Blade Runner 2049 leer ausgehen dürfte. Ich behaupte, dass Dunkirk in jedem anderen Jahr diesen Oscar für die Beste Kamera mühelos abgeräumt hätte. Abgesehen davon wird der Film in den technischen Kategorien wie Schnitt, Tonschnitt oder Toneffekte punkten und auch der Score von Hans Zimmer hat gute Chancen, wenn man den Experten von Gold Derby bzw. den Wettbüros vertraut.

Attacke von oben – (c) imdb.com

1. Manchester By The Sea (Kenneth Lonergan | 7.9 – 96)

Bei der heurigen Oscarverleihung mit zwei Statuetten ausgezeichnet (für das beste Drehbuch von Kenneth Lonergan und die Performance von Casey Affleck als bester Schauspieler), ist Manchester By The Sea wohl einer der deprimierendsten Filme aller Zeiten. Ein Film, der dir unbarmherzig in den Magen tritt wenn du gefühlsmäßig ohnehin schon am Boden liegst. Neben der preisgekrönten Darstellung von Casey Affleck ist auch die schauspielerische Leistung von Lucas Hedges hervorzuheben, der heuer gleich mit zwei Filmen (Lady Bird bzw. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri) im Rennen um den Oscar für den besten Film beteiligt ist. Mich hat dieser Film vor allem aufgrund des Drehbuchs und der Story beeindruckt, dennoch habe ich es bis heute nicht über das Herz gebracht, ihn mir ein zweites Mal anzusehen (ähnlich die Situation auch wie bei Pan’s Labyrinth).

Nein, in diesem Film wird nicht gelacht. – (c) nybooks.com, all rights reserved

 

 

Halt And Catch Fire: Die beste TV-Serie, die (fast) keiner von euch kennt

Viele von euch haben einen Amazon Prime und damit auch einen Amazon Video Account. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Serie im Laufe der letzten drei Jahre immer wieder unter euren Empfehlungen aufgetaucht ist und bisher stets ignoriert wurde. Meine eingehende These will ich gleich mit dieser kleinen Zahlenspielerei untermauern: 193.016 Fans insgesamt und nur zwei meiner 397 Facebook-Bekannten gefällt die offizielle Seite dieser TV-Serie bei Facebook.

Halt-And-Catch-Fire-AMC
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Dies kann ich auch nachvollziehen und hat drei subjektive Hauptgründe:

  1. Die Bedeutung des Titels „Halt And Catch Fire ist nichtssagend.
  2. Keine(r) der SchauspielerInnen ist wirklich bekannt.
  3. Die Inhaltsangabe (in diesem Fall bei Wikipedia) klingt langweilig:
    „Halt and Catch Fire spielt in den frühen 1980er Jahren und handelt vom Computer-Boom durch die beginnende Verbreitung des Personal Computer.“

Nach vier Staffeln und insgesamt 40 Folgen mit einer Länge von jeweils 42 Minuten lief vergangenen Samstag das Serienfinale bei AMC. Die ganze Serie (inkl. Serienfinale) ist seit Montag (16.10.2017) bereits bei Amazon Video abrufbar. Warum HCF (so die korrekte Abkürzung und nicht etwa HACF) es unter die Top5 meiner Lieblingsserien aller Zeiten geschafft hat, will ich euch mit den 1000 nachfolgenden Wörtern zumindest etwas näher bringen.

Die Bedeutung von HCF

Der Serientitel „Halt And Catch Fire“ hat folgende ursprüngliche Bedeutung:

An dieser Stelle sei ganz spoilerfrei gesagt: je mehr man von der Serie gesehen hat, desto passender wird man den Titel auch finden. Einen deutschen Serientitel gibt es übrigens keinen. Dankenswerterweise wurde auch auf peinliche Bei- oder Untertitel verzichtet.

Die Schauspieler von HCF

Weder Lee Pace (u.a. Thranduil im Hobbit und Ned in Pushing Daisies), noch Scoot McNairy (spielte dank Argo und 12 Years A Slave zwei Jahre hintereinander beim Oscargewinner des Jahres mit – und er heißt wirklich Scoot und nicht Scott), noch Kerry Bishé (spielte in Argo witzigerweise die Ehefrau von Scoot McNairy wie auch bei HCF) oder Toby Huss (King Of The Hill, Carnivale) sind einem breiteren Publikum geläufig.

Lediglich Mackenzie Davis konnte zuletzt durch ihre Rollen als Mindy Park in The Martian, Yorkie in der Emmy-gekrönten Black Mirror Folge San Junipero und zuletzt Mariette in Blade Runner 2049 eine gewisse Bekanntheit (zumindest unter Film- und TV-Nerds) erlangen. Heimlicher Star der vierten Staffel ist auch der Einwahlsound eines 28.8 kbit/s-Modems von ZyXEL – wer noch zu Modemzeiten aufgewachsen ist, weiß wovon ich schreibe.

AMC's New Series
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Die Handlung von HCF

Wer sich überhaupt nicht für Technologie und die historische Entwicklung von PCs, Netzwerken und dem Internet interessiert, wird ein gewisses Problem mit der Serie haben. Wer bei kleineren faktischen Unsicherheiten der Executive Producer (wie etwa im Bezug auf Code) panisch wird, wird das eine oder andere Mal ebenfalls die Nase rümpfen. Doch nun zur Handlung:

Texas, 1983. Das PC-Zeitalter steht in den Startlöchern. Ein Abteilungsleiter des fiktiven texanischen IBM-Konkurrenten Cardiff Electric stellt einen visionärer Sales Executive (von IBM) ein, weil er zusammen mit einem außergewöhnlichen Hardware-Engineer (mit niedrigem Selbstwertgefühl) den Branchengiganten (…IBM) vom Thron stoßen soll. Unterstützt werden sie in weiterer Folge von einer unkonventionellen aber brillianten Programmiererin und der Ehefrau des Hardware-Engineers (mit selbiger Profession).

Mit dem Satz „Our goal is a machine that is twice as fast for half the price“ stößt Joe McMillan (Lee Pace) die Türe zur Handlung der ersten Staffel ganz weit auf und stellt das Team reihenweise vor nahezu unlösbare Aufgaben. In der zweiten und dritten Staffel (1984 bis 1986) dreht sich alles um ein Online Gaming/Service Unternehmen namens Mutiny und in der letzten Staffel nach einem kleinen Zeitsprung (1993 – 1995) um den Beginn des Suchmaschinenzeitalters.

Die große Stärke(n) von HCF

Mehr will ich an dieser Stelle gar nicht über den Inhalt verraten, da der Fokus von HCF sowieso klar auf den Charakteren liegt. Die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den fünf Hauptcharakteren über eine Zeitspanne von zwölf Jahren ist gleichzeitig der Nukleus und die große Stärke dieser TV-Serie.

Loyalität und Verrat, Erfolgsdruck und Kompromisslosigkeit, Eifersucht und Freundschaft ändern sich auf Basis der gegebenen und labilen Rahmenbedingungen. Dies aber niemals in einem lächerlichen oder gar soap-opera-haften Rahmen, sondern genau so unvorhersehbar und öfters auch irrational wie im wahren Leben. Es gibt bei HCF keine schwammigen Charaktere, deswegen hat man auch zu fast jedem Zeitpunkt eine klare Ab- oder Zuneigung zu jedem Hauptakteur, welche man aber stets nachvollziehen kann. Außerdem hat die Serie auch keine Scheu davor, „kontroversielle“ Themen wie Anderssein, Homosexualität oder Selbstmord zu thematisieren.

HCF schafft es darüber hinaus auf eine magische Art und Weise, den Zeitgeist der 80er und frühen 90er-Jahre widerzuspiegeln. Musikalisch untermalt wird dies durch den Soundtrack von Paul Haslinger und den Songs u.a. von Bryan Ferry, David Bowie, The Smiths, Joy Division, Gary Numan, den Pixies oder Peter Gabriel.

Kritiker lieben HCF

Hierzu muss ich nicht viel schreiben. Ein kleiner Auszug der Review-Titel zum Serienfinale am vergangenen Samstag sollte reichen:

The Ringer: ‘Halt and Catch Fire’ Was Moving to the End – On the finale of the superb, underwatched AMC drama

GC: Halt and Catch Fire Should Be the Next TV Show You Binge

The Guardian: Farewell to Halt and Catch Fire, the best show that nobody watched

Vanity Fair: Halt and Catch Fire’s Stunning Finale Proves It Was Brilliant from the Start

Autostraddle: “Halt and Catch Fire” Is The Best TV Show You’re Not Watching (Yet)

Solche euphorische bzw. geradezu hymnische Reviews habe ich zuletzt nach dem Serienfinale von Breaking Bad gelesen. Eine Serie, welche mehr mit HCF gemeinsam hat, als man denken möchte – wozu ich nun überleiten möchte.

The Golden Age Of Television

Immer wieder wird über das „goldene Zeitalter des Fernsehens“ gesprochen. Dies manifestiert sich in verschiedensten Auswüchsen. Dank Pay-TV-Anbietern wie HBO, SHOWTIME oder eben AMC sowie Online-Streaming-Services wie Netflix, Amazon oder Hulu konnte die Qualität von TV-Serien im Laufe der letzten 15 Jahre ständig gesteigert werden. Vorbei die Zeiten, in denen Inhalt (z.B. Gewalt, Sex, Schimpfwörter), die Länge einer Serienfolge (eine Stunde minus Werbung ergibt 41 bis 43 Minuten) oder gar die Anzahl der Staffeln einer Serie von den großen US-Networks (CBS, NBC, ABC, FOX) diktiert wurde.

HCF hat es im Gegensatz zu seinen AMC Geschwistern Breaking Bad, Mad Men und The Walking Dead nie über den Status eines Kritikerlieblings hinaus geschafft. Die TV Ratings (Einschaltquoten) lagen bereits während der ersten Staffel etwas hinter den Erwartungen zurück. Bei einem der großen Networks wäre HCF de facto nach einigen wenigen Folgen unwiderruflich abgesetzt worden.

AMC hingegen hat HCF nicht fallen gelassen. Denn auch der große Siegeszug von Breaking Bad begann erst irgendwann zwischen der dritten und vierten Staffel, obwohl die Serie zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach Emmy-preisgekrönt war. Dieses Credo veranlasste AMC nach der zweiten Staffel von HCF, eine dritte Staffel in Auftrag zu geben. Und weil die Einschaltquoten sich weiterhin nur marginal verbesserten, gewährte man HCF dennoch eine vierte und letzte Staffel, in welcher die Executive Producers Christopher Cantwell und Christopher C. Rogers die Geschichte ihres Serien-Babys zu Ende erzählen konnten und durften.

Auf diese Art und Weise kann dieses Kleinod einer Serie weiterleben und auch lange nach ihrer Absetzung neue Fans finden. Das Ende ist auf alle Fälle zufriedenstellend, ermutigend, melancholisch und lehrreich zugleich. HCF hat es sich verdient, weit über den obskuren Status Quo hinauszuwachsen. Sowohl Zugehörige der Generation X als auch der Generation Y werden mehr als nur einmal nostalgisch werden.

In meinem Fall fühlte ich mich an die Zeiten meinen ersten PCs (ein 486er DX2/66 mit 8 MB RAM und einer 840 MB-Festplatte), unser erstes Modem (ein 28.8 kbit/s von U.S. Robotics) und an die Internet-Zeit vor dem Beginn des Suchmaschinenzeitalters zurückversetzt. Also im weiteren Sinne an meine frühe Jugend, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere. Wie dies auch mit Halt And Catch Fire der Fall sein wird.

Taboo – Season 1 Review

Disclaimer: das nachfolgende Review beinhaltet einige inhaltliche Erklärungen, allerdings keine Spoiler hinsichtlich der Handlung nach der 1. Folge oder dem Schicksal der einzelnen Protagonisten.

Inzest.
Kannibalismus.
Okkult.
Kinderprostitution.
Sklavenhandel.
Homosexualität.

Die Aneinanderreihung dieser Schlagwörter bringt meinen Blog wohl auf diverse Watchlists, dabei stellt sie nur eine Zusammenfassung der Inhalte von Taboo dar. Und liefert gleichzeitig eine Erklärung, warum sich der Showtitel mit Tabu übersetzen lässt.

Tom Hardy (oscarnominiert für seine Rolle als Bösewicht in „The Revenant“, abgesehen davon als „Bane“ in „The Dark Knight Rises“ zum Weltruhm aufgestiegen) brilliert dabei als James Keziah Delaney, dem Sohn eines kürzlich verstorbenen englischen Geschäftsmannes, der von allen tot geglaubt zum Begräbnis seines Vaters in das London des Jahres 1814 zurückkehrt.

Tom Hardy als James Keziah Delaney in Taboo
Tom Hardy als James Keziah Delaney in Taboo – (c) esquire.com (all rights reserved)

Das London im Jahre 1814 ist ein hartes Pflaster. Irgendwo zwischen Nebel, Dreck, Armut und Cholera schwelgt ein Konflikt zwischen der britischen Krone und den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser betrifft auch die (selbsterkannt-ehrenwerte) East India Company, welche ihrerseits mächtiger als der Prinzregent selbst scheint.

Unter dem väterlichen Erbe von Delaney befindet sich die rechtmäßige Besitzschaft über das ehemalige Indianergebiet von Nootka Sound – die Halbinsel von Vancouver. Als wichtige Passage zwischen den britisch-kanadischen Kolonialgebieten und dem Seeweg nach China ist Nootka Sound gleichermaßen für die britische Krone, die East India Company und die Vereinigten Staaten von immensem strategischen Interesse.

Delaney muss (als Spielverderber für zuvor geplante Länderaufteilungen angesehen) dementsprechend gleich an mehreren Fronten kämpfen – gegen die East India Company, die britische Krone, amerikanische Spione, den Ehemann seiner Halbschwester, die (wilden) Gerüchte über die Zeit seiner langen Verschollenheit in Afrika und die kolportierte Geisteskrankheit seiner Mutter und seines Vaters.

Taboo ist nichts für schwache Nerven (oder Mägen). Die behandelten Themen habe ich bereits in meiner Einleitung erwähnt. Das Level der Brutalität der BBC/FX-Serie (u.a. Fargo, Justified) ist jedoch für GoT-Seher nichts Ungewohntes. Die Story von Steven Knight (Eastern Promises, Peaky Blinders) ist intelligent aufbereitet und steigert sich von Folge zu Folge bis hin zu einem atemberaubenden Staffelfinale.

Neben Hardy umfasst das Ensemble von Taboo auch Jonathan Pryce (den meisten als High Sparrow in Game Of Thrones bekannt), Oona Chaplin (die Gattin von Rob Stark in GoT), Mark Gatiss (Mycroft Homes in Sherlock), Franka Potente, David Hayman und Michael Kelly (emmy-nominiert für seine Rolle als Doug Stamper in House Of Cards)

Die gesamte erste Staffel lief zwischen Jänner und März bei BBC sowie auf FX und ist seit 31. März bei Amazon Prime Video abrufbar. Sie umfasst acht Folgen mit einer Länge von 53-59 Minuten. Sie ist wahlweise im englischen Originalton oder in deutscher Synchronisierung verfügbar und hält (Stand: 7. April 2017) bei einem IMDb-Score von 8.8. Die Serie wurde bereits für eine 2. Staffel verlängert.

And the Oscar goes to…

Heute Abend (Ortszeit) werden in Hollywood zum 89. Mal die Academy Awards vergeben. Aufgrund diverser morgiger Verpflichtungen kann ich zum ersten Mal seit 2005 nicht live dabei sein (insgesamt habe ich seit 1997 nur zwei Verleihungen verpasst).

9 goldene Oscartstatuetten aus einer schrägen Perspektive
Der begehrteste Filmpreis der Welt – (c) newyorker.com

Nichtsdestotrotz findet man in der nachfolgenden Tabelle meine persönlichen Favoriten sowie Siegertipps für die Hauptkategorien (Dokumentar- und Kurzfilme sowie Makeup, Kostümdesign und Szenenbild lasse ich aus). Mit Ausnahme von Hidden Figures und Lion habe ich heuer alle Filme gesehen, welche für den besten Film nominiert sind.

KATEGORIE PERSÖNLICHER FAVORIT SIEGERTIPP
Film Arrival oder La La Land La La Land
Regie Damien Chazelle (La La Land) Damien Chazelle (La La Land)
Schauspieler Casey Affleck (Manchester By The Sea) Denzel Washington (Fences)
Schauspielerin Emma Stone (La La Land) Isabelle Huppert (Elle)
Nebendarsteller Lucas Hedges (Manchester By The Sea) Mahershala Ali (Moonlight)
Nebendarstellerin Viola Davis (Fences) Viola Davis (Fences)
Originaldrehbuch Kenneth Lonergan (Manchester By The Sea) Damien Chazelle (La La Land)
Adaptiertes Drehbuch Barry Jenkins (Moonlight) Barry Jenkins (Moonlight)
Filmmusik La La Land La La Land
Song City of Stars (La La Land) City of Stars (La La Land)
Kamera Arrival La La Land
Schnitt Arrival La La Land
Ton Arrival La La Land
Tonschnitt Arrival Hacksaw Ridge
Visuelle Effekte The Jungle Book The Jungle Book
Animationsfilm Zootopia Kubo And The Two Strings
Auslandsfilm The Salesman (Iran) The Salesman (Iran)

Franz Schiemer: Konsequenz hat einen Namen

März 1986. Frühlingsbeginn. Binnen weniger Tage werden Manuel Neuer, Sergio Ramos, Mirna Jukic und Lady Gaga geboren. So unterschiedlich diese Persönlichkeiten und Karrieren auch sind, so sehr werden ihre Lebensläufe von gemeinsamen Eigenschaften maßgeblich geprägt: Konsequenz und unbedingter Wille. Und wie es der Zufall so will, kommt am 21. März in Haag am Hausruck auch Franz Schiemer auf die Welt, der heute als neuer Sportmanager der SV Ried vorgestellt wurde und damit der Nachfolger von Langzeitmanager Stefan Reiter ist.

franz-schiemer
Die Symbolik dieses Fotos kann man wie folgt deuten: a) Die Zeit des Franz Schiemer hat geschlagen. b) Licht am Ende des Tunnels. – (c) GEPA

Der Beginn einer erfolgreichen Karriere

Im Sommer 1996 wechselt er aus seinem Heimatort Taufkirchen an der Trattnach in den Rieder Nachwuchs, damals im ersten Jahr nach dem Bundesligaaufstieg noch ein weitestgehend unstrukturiertes Konstrukt. Als er im Sommer 2002 mit nur 16 Jahren bereits in die U19 des BNZ Ried aufrückt, wird er vielerorts bereits als das „beste Rieder Nachwuchstalent aller Zeiten“ bezeichnet. Bei einem Lokalgespräch mit einem Freund, der zum damaligen Zeitpunkt seine Fußballschuhe bei den Ried Amateuren zerriss und auf dessen Meinung ich daher vertraute, stelle ich ihm die Frage, „ob dieser Schiemer denn wirklich so gut sei, wie alle sagen“. Ohne viel Überlegung fiel seine Antwort in etwa folgendermaßen aus: „Schiemer ist der beste Spieler, den wir je im Nachwuchs hatten. Er wird der erste Spieler aus Ried sein, der im Nationalteam spielen wird“.

Am 5. August 2003 gibt er im Alter von 17 Jahren sein Debüt in der Red Zac Erste Liga. Bei einer 0-2 Niederlage bei der Austria aus Lustenau wechselt ihn Petar Segrt 29 Minuten vor Spielende für Johannes Lamprecht ein. Am 12. September erzielt er sein erstes Profitor bei einer 2-3 Heimniederlage gegen den Kapfenberger SV. An sein Kopftor zum frühen 1-0 (damals noch im alten Stadion) kann ich mich erstaunlicherweise noch genau erinnern. Er festigt seinen Stammplatz im Frühjahr unter Andrzej Lesiak, in der Nachfolgesaison kommt er unter Heinz Hochhauser standardmäßig als rechter Verteidiger zum Einsatz.

Von Favoriten nach Salzburg

Unmittelbar nach dem Aufstieg in die Bundesliga wechselt er nach Favoriten – zu groß sein Talent für einen Bundesligaaufsteiger, zu nachhaltig die Argumente von Frank Stronach (der mit seinem Investment im Innviertler Tigerteam in weiterer Folge nicht nur die Dienste von Schiemer, sondern auch von Andreas Lasnik und Emin Sulimani sichern konnte). Am 13. Oktober 2007 debütiert er unter Josef Hickersberger bei einem 1-3 gegen die Schweiz im ÖFB-Team, er kommt nach 40 Minuten für den verletzten Sebastian Prödl aufs Feld. Und macht damit im Alter von 21 Jahren die Prophezeiung wahr, dass er der erste Rieder Nationalspieler werden würde.

Nach vier Jahren (und einem Double) bei der Austria wechselt er im Sommer 2009 zu Red Bull Salzburg, wo er vier weitere Meistertitel und Cupsiege einfahren kann. Seinen Weg von Ried über Favoriten nach Salzburg geht er konsequent. Jeder Vereinswechsel hat eine klare sportliche Verbesserung zur Folge und über kurz oder lang etabliert er sich in jeder Mannschaft. Im Nationalteam absolviert er 25 Spiele und hält sich dabei unter Marcel Koller oft als einziger Nicht-Legionär in der Stammformation.

Ein atypischer Charakter

Seine kompromisslose und sehr oft schmerzvolle (Kopfball-)Zweikampfbereitschaft verhilft ihm zum Spitznamen „Turban-Fränky“ und hat unzählige Verletzungen zur Folge. Dennoch gibt es in seinem Spiel nach jedem Comeback sofort wieder nur hundertprozentigen Einsatz, was ihn bei Fans zum Publikumsliebling macht.

Im Alter von nur 28 Jahren beendet er im Dezember 2014 für viele dennoch überraschend seine aktive Karriere. Mit seiner Aussage in einem Interview, dass sein schönster Meistertitel nicht etwa einer seiner fünf Bundesligatitel, sondern jener Zweitligatitel mit der SV Ried sei, trifft er vielen Riedfans mitten ins (Fußball-)Herz.

So unkonventionell wie diese Aussage ist auch seine akademische Laufbahn. Anders als ein Großteil der Spieler der österreichischen Bundesliga hat Franz Schiemer eine AHS-Matura am BG/BRG Ried im Innkreis vorzuweisen. Dort lernt er auch seine heutige Ehefrau kennen. Durch eine gemeinsame Freundin wurde mir oftmals versichert, dass Schiemer zu keinem Zeitpunkt seiner erfolgreichen Karriere in der großen Welt von Red Bull seine Wurzeln vergessen hat. Schon während seiner aktiven Karriere beginnt er mit einem berufsbegleitenden Studium für Sport- und Projektmanagement auf der KMU Akademie, welches er mit einem Mastertitel abschließt.

Während Schiemers aktiver Karriere gibt es zu keinem Zeitpunkt negativen Schlagzeilen. Bis auf einen (eher selten gewarteten) Facebook-Auftritt hält er sein Privatleben weitestgehend privat. Instagram-Storys würden auch nicht zum Image des Vaters eines 3-jährigen Sohns passen. Das Leben nach der aktiven Karriere beginnt er nach einer Auszeit im Jahre 2016 als Co-Trainer bei Liefering, wo er tagtäglich mit hochtalentierten Nachwuchsakteuren arbeiten und die Prozessabläufe einer Profimannschaft näher kennen lernen kann. Bereits am Tag der Trennung von Stefan Reiter geistert der Name Schiemer durch die Rieder Fußball-Insiderkreise. Nur einen Tag später wird er vom Präsidium bestätigt und mit einem 3-Jahresvertrag ausgestattet.

Unerfahrenheit und andere Bedenken

Stefan Reiter hat die SV Ried in den 90er-Jahren im Alter von 32 Jahren übernommen. Dennoch ist dieser alterstechnische Vergleich nur teilweise zulässig. Reiter konnte nämlich zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine langjährige Karriere als Vereinsfunktionär bei der TSV Utzenaich zurückgreifen und wusste daher schon gut, welche mannigfaltigen Aufgabenbewältigung diese Position erfordert.

Und hier setzt auch der Hauptkritikpunkt der meisten Fans an: Schiemer wisse nicht, worauf er sich einlasse. Die Kampfmannschaft, die Amateure, der Nachwuchs, die Sponsoren, die Medien, das Präsidium, die Journalisten. Ja-Sager auf der einen Seite, Einflüsterer auf der anderen Seite. Er hat überhaupt keine Zeit zur Eingewöhnung, er wird ins februarkalte Wasser geworfen und muss sofort wissen, auf wen er wirklich vertrauen kann.

Schiemer wurde nahezu während seiner gesamten aktiven Karriere von Stars & Friends betreut, welche ihm in Person von Jürgen Werner auch (beim Wechsel zu Salzburg) den besten Vertrag seiner Karriere bescheren konnten. Dieser Jürgen Werner ist gleichzeitig auch einflussreicher LASK-Präsident. Es gibt mancherorts Befürchtungen, dass Werner mit der Bestellung von Schiemer zum Sportdirektor in Ried nun beträchtlich hohen Einfluss bei beiden oberösterreichischen Topclubs erlangen könnte.

Eine andere Befürchtung ist die Fortsetzung einer unrühmlichen Legendenzerstörung im Verein. Nach der Trainerposse rund um Michael Angerschmid und dem unrühmlichen Abgang von Oliver G. zum Erzrivalen nach Linz könnte Schiemer bei einem Totalflop der nächste Rieder sein, der mit seiner Funktionärskarriere einen Schatten über seine Spielerkarriere legen könnte.

Bereits unmittelbar nach seiner Bestellung hat Schiemer auch eine verbale Breitseite vom Fußballjournalisten der oberösterreichischen Krone kassiert (der seinen Zugang zur Mannschaft aufgrund seiner vielen Freiheiten unter dem Vorgänger wohl stark gefährdet sieht – zum großen Gefallen der Fans). Hier muss er mit Sicherheit mit weiteren untergriffigen Kommentaren umgehen lernen und der völlig jenseitige Vergleich mit Melania Trump war wohl erst der Anfang. Je besser es jedoch im Frühjahr bei der SV Ried laufen sollte, desto substanzloser würden diese ausfallen.

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„Sieht attraktiv aus, kann aber nix.“ – nur 50% davon treffen auf den Autor dieses Kommentars zu. (c) Printausgabe Krone

Ein kalkuliertes Risiko

Bedenken hin oder her. Die Bestellung eines gänzlich unerfahrenen Mannes auf dieser Position bezeichne ich als kalkuliertes Risiko. Schiemer hat sich meinen Informationen zufolge bereits in jungen Jahren ein eigenes Netzwerk aufgebaut. Dieses ist zwar mit großer Wahrscheinlich nicht annähernd so groß wie jenes von Reiter, aber mit etwas Glück kann man das Paretoprinzip auch hier anwenden. Und eine unbeeinflusste Herangehensweise an den Job (welche bei einer dreimonatigen Einschulung durch Stefan Reiter nicht garantiert gewesen wäre) kann manchmal viel frischen Wind in ein Aufgabengebiet bringen (Anm.: hier spreche ich auch aus eigener wenn auch nicht vergleichbarer Berufserfahrung).

Seine Person genießt in sämtlichen Teilen des Vereins (und auch bei den Fans) großen Kredit. In der aktuellen Lage wäre die Bestellung eines innviertelfremden Mannes (wie beispielsweise Peter Schöttel) kritisch aufgenommen wurden – egal ob dieser grundsätzlich kompetent gewesen wäre oder nicht. Diesbezüglich gelten im Innviertel einfach andere Gesetze. Die Vorgehensweise kann mit der Bestellung von Paul Gludovatz nach der Ära Kolvidsson verglichen werden, als nur ein Mann mit absolutem Vertrauen bei den Fans auch bei initialen Misserfolgen hätte ruhig arbeiten können. Und selbst wenn es im Mai zum Abstieg kommen sollte, würde die Hauptschuld wohl Daxl, Wagner und Konsorten zugesprochen werden. Zudem Schiemer auch durch keine Transferperiode auf die Mannschaft hätte Einfluss ausüben können.

Lasst ihn arbeiten!

Die Aussicht auf brutalen Abstiegskampf mit einer maximal durchschnittlichen Rieder Bundesligamannschaft haben Franz Schiemer nicht daran gehindert, dieses Jobangebot abzulehnen. Er hätte genau so gerne seinen gemütlichen Job als Co-Trainer in Liefering behalten können, der quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Er weiß mit Sicherheit genau, welche Größe die Fußstapfen von Stefan Reiter haben.

Er weiß jedoch auch, dass die Fanclubs der SVR wie bereits erwähnt zu 100% hinter ihm stehen, wie das nachfolgende Statement von West Stand Ried im Innkreis besagt.

weststand-statement
Quelle = https://www.facebook.com/weststandried/posts/1840196869583549

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es alles andere als einfach wird. Aber aufgrund seiner Arbeitsmoral, seiner Persönlichkeit und seiner eingangs erwähnten Konsequenz bin ich davon überzeugt, dass er einen guten Job machen wird. Es wäre doch schön, wenn man in knapp 20 Jahren von den Managerlegenden Reiter und Schiemer sprechen könnte.

Twittern wie der President Elect

Er hat es schon wieder getan. Gemäß Schema F hat der zukünftige amerikanische Präsident nun Meryl Streep nach ihrer Rede bei den Golden Globes als „eine der meist überschätzten Schauspielerinnen in Hollywood“ bezeichnet.

Nachfolgend nun 20 weitere Vorschläge für die Zukunft:

  • Lionel Messi, one of the most over-rated soccer players in Europe
  • Stephen Hawking, one of the most over-rated physicists in the UK
  • Michelangelo, one of the most over-rated painters in Rome
  • Marie Curie, one of the most over-rated chemists in Poland
  • Usain Bolt, one of the most over-rated sprinters in Jamaica
  • William Shakespeare, one of the most over-rated writers in England
  • The Beatles, one of the most over-rated bands in history
  • Warren Buffett, one of the most over-rated entrepreneurs in the US
  • Christopher Columbus, one of the most over-rated explorers in history
  • Bob Dylan, one of the most over-rated songwriters in Great Britain
  • Adam Smith, one of the most over-rated economists in Scotland
  • Roger Federer, one of the most over-rated tennis players in the world
  • Breaking Bad, one of the most over-rated TV series of all time
  • Leonardo da Vinci, one of the most over-rated visionaries in Italy
  • Queen Elizabeth II, one of the most over-rated female monarchs in the world
  • Gisele Bündchen, one of the most over-rated supermodels in Brazil
  • Michael Schumacher, one of the most over-rated race drivers in Germany
  • Pope Francis, one of the most over-rated popes in history
  • John Williams, one of the most over-rated film composers in Hollywood
  • Thomas Edison, one of the most over-rated inventors in the US

You get it.

Best of 2016 Teil 3: Kinofilme

Das Kinojahr 2016 war ein gutes, aber kein exzellentes. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass die Hauptfavoriten für die Oscars 2017 bei uns fast ausnahmslos noch nicht in den Kinos gestartet sind. Dabei spreche ich von La La Land, Manchester By The Sea, Hacksaw Ridge, Fences, Moonlight, Lion und Nocturnal Animals, welche bereits einen Großteil der Nominierungen für die Globes erhalten haben und daher (nicht nur) laut Goldderby auch als Favoriten für die Academy Awards gelten.

Dennoch küre ich bereits zum vierten Mal knapp vor Jahresende meinen persönlichen Film des Jahres. Einziges Kriterium dabei, dass ich ihn im jeweiligen Jahr (zum ersten Mal) gesehen haben muss. Die bisherigen „Sieger“ lauten wie folgt:

2015: Inside Out (8.2 IMDb-Score / 94 Metascore)
2014: Whiplash (8.5 / 88)
2013: Drive (7.8 / 78)

Nachfolgend finden sich ein deutschsprachiger Film, ein Animationsfilm und gleich mehrere Filme, welche dem Independent Kino zuzuordnen sind. Enttäuscht war ich heuer vor allem von den Blockbustern, da weder X-Men Apocalypse noch Batman vs. Superman und für meinen Geschmack auch Captain America: Civil War nicht besonders überzeugt haben. Ebenso enttäuscht hat mich die Verfilmung von „The Girl On The Train“ nach einem Roman von Paula Hawkins, welcher für mich ähnliches theoretisches Potential wie „Gone Girl“ hatte. Ich habe die populären „Dr. Strange“ und „Star Wars: Rogue One“ bis dato nicht gesehen, daher finden diese Filme ebenfalls keinen Platz auf der nun nachfolgenden Liste.

10. Florence Foster Jenkins (Stephen Frears – 7.0 / 71)

Stephen Frears („The Queen“) erzählt die wahre Geschichte einer schwerkranken New Yorker Grand Dame und Society Lady aus der Nachkriegszeit, welche nichts lieber macht als die Oper zu singen. Das Problem dabei: sie kann nicht singen. Meryl Streep überzeugt durch eine schreckliche Stimme (was in diesem Fall ein Kompliment ist) und wird dabei von Hugh Grant (als Ehemann, der die Realität so fern wie möglich hält) und Simon Helberg (der Howie aus Big Bang Theory, der einen schüchterner Pianist mimt) famos unterstützt. Für den Golden Globe wurden bereits alle drei nominiert und Streep kann (sarkastisch formuliert) ihre Serie als Rekordverliererin bei den Oscars (aktuell 3/19) weiter ausbauen.

9. Toni Erdmann (Maren Ade – 8.1 / 96)

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Haare und Zähne sind fast echt – (c) daskino.at

Der geborene Grazer Peter Simonischek glänzt in diesem berührenden Familiendrama als pensionierter Musiklehrer, der den Kontakt zu seiner Tochter wieder intensivieren will, welche als CEO einer Consulting Firma unter Dauerstress steht. Mit Streichen und Späßen bringt er seine Tochter dabei reihenweise aus der Fassung. Der Film wurde bereits für einen Golden Globe nominiert und gilt auch als haushoher Favorit für den Auslandsoscar, welcher in diesem Fall leider nach Deutschland und nicht nach Österreich gehen würde – der Film an sich ist eine Co-Produktion beider Länder. Einziger Kritikpunkt: für meinen Geschmack war das 162-minütige Werk von Maren Ade um 30-40 Minuten zu lange, ist aber dennoch ein absolutes Must-See des abgelaufenen Kinojahres.

8. The Hateful Eight (Quentin Tarantino – 7.9 / 68)

Der achte (und damit nach eigener Aussage drittletzte) Film von Quentin Tarantino war sicherlich nicht eines seiner besten Werke. Auch hier sind die Längen (168 Minuten) zu kritisieren, da gerade im ersten Teil (vor der 15-minütigen Pause) so gut wie gar nichts passiert und die langatmigen Dialoge beinahe schon nerven. Doch aufgrund der epischen Kameraführung von Robert Richardson und der Wendungen (inkl. Gewaltexzesse in bester Tarantino-Manier) in der zweiten Hälfte hat der Film dennoch seinen Weg auf diese Liste gefunden. Ich bin übrigens bis heute nicht das Gefühl losgeworden, dass für die Rolle von Tim Roth ursprünglich Christoph Waltz eingeplant gewesen war.

7. 10 Cloverfield Lane (Dan Trachtenberg – 7.3 / 76)

Das inoffizielle Sequel zu Cloverfield ist ein Horrorthriller, welcher wie ein Kammerspiel inszeniert ist und mit den Köpfen der Zuschauer spielt. Eine junge Frau (gespielt von Mary-Elizabeth Winstead) wacht nach einem Autounfall im Haus eines zunächst freundlich wirkenden Mannes (John Goodman) auf. Dort wird ihr die Realität präsentiert, dass sie aufgrund eines atomaren/chemischen Angriffs (von Außerirdischen?) das Haus nicht mehr verlassen könne. Ein anderer dort lebender Mann (John Gallagher Jr.) stellt ihn jedoch als paranoid bzw. verrückt hin und so kommen beiden immer mehr Zweifel an dieser Theorie auf. Der Streifen lebt von drei exzellenten Schauspielern, der beklemmenden Atmosphäre im Bunker und dem Nichtvorhandensein von Informationen über die tatsächliche Situation da-draußen. Auch am Ende bleiben viele Fragen offen.

6. The Nice Guys (Shane Black – 7.4 / 70)

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Zu den 70er-Jahren gehören natürlich auch Schnauzbärte – (c) cinemablend.com

Dieser Film hat mich heuer fast am meisten (bzw. positivsten) überrascht. Shane Black (Kiss Kiss, Bang Bang & Iron Man 3) lässt Russell Crowe (als „Enforcer“) und Ryan Gosling (als Privatdetektiv) als ungleiches Buddy-Team (welches auch Goslings Teenager-Tochter inkludiert) wider Willen im Los Angeles der 70er-Jahre eine Verschwörung im Porno-Milieu aufdecken. Die Actionkomödie überzeugt neben der Crowe-Gosling-Partnerschaft auch durch die Dialoge (und 70er-Jahre-Referenzen) und die (überraschend) harten Actionsequenzen. Der Soundtrack umfasst u.a. Kool & The Gang, Earth, Wind & Fire, die Bee Gees und KISS und rundet das 70er-Jahre-Setting ab.

5. Room (Lenny Abrahamson – 8.2 / 88)

Einer der albtraumhaftesten Filme des Jahres. Oscar-Preisträgerin (Anm. eben dafür) Brie Larson und der bei den Dreharbeiten 8-jährige Jacob Tremblay (dem ein Haley-Joel-Osment-Schicksal hoffentlich erspart bleibt) glänzen als Mutter-Sohn-Gespann, welche miteinander auf engstem Raum leben müssen. Denn der Vater hat die Protagonistin vor Jahren entführt und seither eingesperrt (und auch das Kind gezeugt, welches von der Mutter trotzdem über alles geliebt wird). Als Österreicher muss man dabei unweigerlich an die Fälle Priklopil oder Fritzl denken, was das beklemmende Szenario noch zusätzlich verstärkt. Wie der Film ausgeht oder wohin er sich entwickelt, sei an dieser Stelle nicht erwähnt. Aber am Ende steht nichts über der Liebe einer Mutter zu ihrem Kind.

4. Hell Or High Water (David Mackenzie – 7.8 / 88)

Der Neo-Western aus der Feder von David Sheridan (nominiert für einen Golden Globe) handelt von zwei ungleichen Brüdern (dargestellt von Ben Foster und Chris Pine), welche durch Texas reisen und Banken überfallen, um Geld für die hoch verschuldete Farm der Eltern sammeln zu können, um diese vor einer Zwangsversteigerung zu retten. Ihre Antagonisten sind dabei zwei Texas-Ranger (Jeff Bridges und Alberto Parker), welche dem Muster der scheinbar zufälligen Überfälle auf die Schliche kommen. „Hell Or High Water“ lebt nicht von seinen Actionsequenzen oder einer Story mit vielen Wendungen, sondern von den bestens entwickelten Charakteren und der Kameraführung von Giles Nuttgens im ruralen Texas. Neben dem Drehbuch wurden übrigens auch Jeff Bridges (als Nebendarsteller) und der Film (als bestes Drama) von der HFPA nominiert.

3. Zootopia (Byron Howard – 8.1 / 78)

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Ich habe 2016 selten so laut gelacht wie bei dieser Szene – (c) filmgamed.com

Wie im letzten Jahr findet sich auch heuer ein Animationsfilm unter meinen Top3 des Jahres. Zootopia (bei uns dämlicherweise als „Zoomania“gelaufen) entstammt ausnahmsweise nicht der Feder von Pixar sondern aus den Walt Disney Animation Studios. Protagonistin ist der Kaninchen-Teenager Judy Hopps, welche nicht wie ihre Eltern und Geschwister auf der ländlichen Farm arbeiten will, sondern gegen jede Wahrscheinlichkeit und viel Widerstand eine Karriere als Polizistin in der großen Stadt anstrebt und dort in eine Verschwörung von riesigen Ausmaßen gerät. Das antropomorphische Setting in dem Jäger und Sammler friedlich Seite an Seite leben überzeugt durch viele liebevolle Details. Mein persönliches Highlight sind dabei die Faultiere, welche ihren Dienst als Schalterarbeiter auf der Behörde verrichten. Auch die Message des Filmes sei hier nicht unerwähnt: Gib nie auf – du kannst alles schaffen, wenn du es nur willst.

2. Captain Fantastic (Matt Ross – 8.0 / 72)

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Viggo Mortensen als Captain Fantastic mit vier seiner sechs Kinder auf geheimer Mission – (c) spicypulp.com

Auch hier schreckt der deutsche Untertitel „Einmal Wildnis und zurück“ ziemlich ab. Manchmal frage ich mich, ob Filmverleihe ihren Filmen bewusst schaden wollen. Wie auch immer, Viggo Mortensen spielt hier einen Aussteiger, welcher seine sechs Kinder in den unbewohnten Wäldern von Minnesota ohne jegliche moderne Technologie (z.B. Strom, fließendes Wasser, Internet) unter einem rigorosen geistigen und körperlichen Regime aufzieht. „Corporate America“ ist der Feind und daher steht Selbstversorgung an der Tagesordnung. Durch einen tragischen Zwischenfall (die Mutter leidet an einer bipolaren Störung und ist seit unbestimmter Zeit einer psychiatrischen Anstalt untergebracht) muss die Familie im ausrangierten Schulbus auf eine Reise quer durch die USA aufbrechen und wird dabei mit dem vorherrschenden Materialismus der Gesellschaft konfrontiert. Dieser Film regt zum Denken an und wirft u.a. die Frage auf, wie verdummt die Gesellschaft in der heutigen Zeit bereits ist und wie scheinheilig Menschen ihre Tage durchleben. Mortensen darf nach Eastern Promises wohl auch (zurecht) mit seiner zweiten Oscarnominierung rechnen.

1. Arrival (Denis Villeneuve – 8.3 / 81)

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Amy Adams und Jeremy Renner versuchen die Zeichensprache der Außerirdischen zu dekodieren – (c) nytimes.com

Mein heuriger Film des Jahres ist ein Sci-Fi-Drama. Amy Adams und Jeremy Renner spielen darin eine Sprachexpertin und einen Wissenschaftler, welche vom CIA beauftragt werden, die Zeichen(-sprache) von zehnfach auf der Erde verteilt gelandeten Außerirdischen zu entschlüsseln um den Zweck deren Erdbesuchs herauszufinden. Jegliche weitere Zusammenfassung (und auch Analyse oder Resümee) des Inhalts würde einen Spoiler darstellen. Das vierte Kinowerk (nach Enemy, Prisoners und Sicario) des 49-jährigen Villeneuve aus Quebec schafft es dabei – auch aufgrund des sensationellen Soundtracks von Johann Johannsson (Anm. welcher auch Tracks von Max Richter inkludiert und deswegen nicht für einen Oscar nominiert werden kann) – die Spannung und Emotionen über die gesamte Laufzeit von 117 Minuten hoch zu halten, wobei bereits nach den ersten fünf Filmminuten tiefste Depression das vorherrschende Gefühl ist. Dieser Film hat mich zum nachdenken angeregt, ähnlich erging es wohl allen anderen Kinobesuchern in „meinem“ Saal, denn bei Beginn des Abspanns war kein einziges Wort zu hören – ein seltsames und auch seltenes Erlebnis, welches Arrival als meinen Film des Jahres 2016 qualifiziert.