Manchester is red. Again.

Mit noisy neighbour wird im englischen Fußball im Normalfall die Truppe von Manchester City bezeichnet, die über Jahrzehnte hinweg im Schatten des erfolgreichen Stadtnachbarn Manchester United stand. Dies änderte sich jedoch schlagartig, als Anfang dieses Jahrzehnts Mansour Bin Zayed Al Nahyan, seines Zeichens Scheich von Abu Dhabi, die Citizens übernahm. Sein Privatvermögen wird auf 23 Milliarden USD geschätzt. Eine Summe, mit der man also den einen oder anderen Fußballspieler .. oder sogar Fußballverein auf die Sprünge helfen kann.

Scheich Mansour
Scheich Mansour, (c) fussballtransfers.com, all rights reserved

Die alte Weisheit, dass Geld keine Tore schießt, wurde alsbald außer Kraft gesetzt und Manchester City konnte sich nach Neuzugängen im Wert von über 700 Millionen € in den vergangenen Jahren zwei Meistertitel und die bragging rights in Greater Manchester sichern. Vier der letzten vier Derbys konnte man gewinnen, darunter auch zwei ungefährdete Kantersiege unter der deprimierenden Regentschaft von David Moyes bei Man United.

Noch nie zuvor hatte Manchester United in der Geschichte der Premier League (die seit 1992 andauert, also knappe 23 Jahre) gegen einen Gegner fünf Mal nacheinander verloren. Die Vorzeichen, dass dies nun zum ersten Mal passieren könnte, standen aber auch diesmal schlecht. Denn United konnte in den letzten Spielen (3-0 gegen Tottenham, 2-1 in Liverpool, 3-1 gegen Aston Villa) ziemlich überzeugen, während hingegen Man City vier der letzten vier Auswärtsspiele verloren hatte, darunter ein ziemlich peinliches 0-1 im Turf Moor von Burnley.

Doch es sollte zunächst anders laufen als gedacht. Mitten in einen nervösen Start hinein konnte Sergio Agüero, der Starstürmer von Man City (und Vater des gemeinsamen Kindes mit der Tochter von Diego Armando Maradona) nach einem schnellen Spielzug bereits in der 7. Minuten zum 0-1 einnetzen. Würde Man United, wie in den letzten Derbys zuvor, wieder mental einbrechen und sich die Citizens ausgerechnet im Derby aus der Krise schießen können?

Die Antwort lautet nein. Nach dem schnellen Ausgleich durch Ashley Young konnte in weiterer Folge Marouane Fellaini mit einem wuchtigen Kopfball (nach Flanke von Young) das Spiel bereits während der ersten Halbzeit drehen. Im Mittelpunkt dabei zwei Spieler, welche unter David Moyes gerne als Sinnbild des Versagens porträtiert wurden (der eine, weil seine Qualität als „zu schwach“ eingestuft wurde; der andere, weil er als Transferflop galt), aber unter Louis Van Gaal wie zwei Phönixe aus der Asche hervorsteigen konnten.

Ashley Young und Marouane Fellaini, (c) standard.co.uk, all rights reserved
Ashley Young und Marouane Fellaini, (c) standard.co.uk, all rights reserved

In der zweiten Halbzeit übernahm Man United die totale Kontrolle über das Spiel. Nach knapp 20 Minuten konnte Juan Mata (ein weiterer Flop unter Moyes) aus Abseitsposition (welche jedoch in Realgeschwindigkeit kaum erkennbar war) auf 3-1 erhöhen, knapp darauf köpfte Chris Smalling nach einem Freistoß (von Young) zum 4-1 ein. In der Endphase des Spiels konnte Man City nur mehr Ergebniskosmetik betreiben und ein zweites Ehrentor erzielen, welches jedoch den Spielverlauf keineswegs widerspiegelt. Zu hungrig und aggressiv war Man United in diesem Spiel aufgetreten um die fünfte Derbyniederlage in Folge zu verhindern.

Mit diesem Sieg konnte United den Vorsprung auf City auf vier Punkte ausbauen, was ins Besondere hinsichtlich der CL-Qualifikation (Platz 3 ist ein Fixplatz) von besonderem Interesse ist. Viel wichtiger sind allerdings die bereits erwähnten bragging rights, welche nun nach Jahren des Leidens endgültig wieder in roter Hand liegen. Und so konnte man noch Stunden nach Spielende Gesänge wie „The City is yours? The City is yours? Are you f* sure?“ in den Straßen von Manchester hören. Der laute Nachbar hingegen verschwand ganz leise in die nasskühle Nacht.

Das perfekte Fußballwochenende

Wenn der Fußball eine (große) Leidenschaft ist, dann kann ein Wochenende nur perfekt sein, wenn der Lieblingsverein gewinnt. Wenn man wie in meinem Falle zwei Lieblingsvereine hat, dann reduziert sich die Wahrscheinlichkeit für ein perfektes Wochenende automatisch.

Wenn dann auch noch zwei Aufgaben anstehen, die statistisch und historisch gesehen äußerst unerfreulich anmuten, dann bereitet man sich als Zweckspessimist lieber auf das Schlimmste vor. Im Falle des letzten Wochenendes musste die SV Ried nach Favoriten reisen, um dort gegen die kriselnde Austria aus Wien anzutreten. Ausgestattet mit einer verheerenden Bilanz von nur drei Siegen aus 35 Ausflügen ins Horrstadion (ich nenne Stadien generell nicht beim Sponsorennamen) war es umso überraschender und erfreulicher, dass man diese dennoch komplizierte Aufgabe mit einem verdienten 1-0 Auswärtssieg lösen konnte. Durch eine aggressive aber disziplinierte Spielweise (keine Gelbe Karte), gepaart mit dem Aktivitätsnachweis von 20 Schüssen aufs Tor, konnte man sich endgültig aus dem Abstiegskampf verabschieden und nun wieder auf die EC-Plätze (der fünfte Rang kann bei dementsprechenden Cupergebnissen für die Teilnahme an der Quali reichen) schielen.

Denis Thomalla, (c) kurier.at, all rights reserved
Denis Thomalla zum 1-0, (c) kurier.at, all rights reserved

Am Sonntag stand dann noch der englische Klassiker an: Rekordmeister Manchester United musste beim ehemaligen Rekordmeister aus Liverpool antreten. Das ewig junge Duell der beiden mit Abstand erfolgreichsten englischen Mannschaften der Fußballgeschichte. In den vergangenen Jahren war die Anfield Road meistens kein gutes Pflaster für United, lediglich beim letzten Trip von Sir Alex (vor zwei Jahren)  gab es einen schmeichelhaften 2-1 Sieg, welcher mir in Erinnerung ist. Letztes Jahr wurde man unter Moyes von Suarez, Sturridge und Co. nach Belieben vorgeführt, dieser Stachel war vielen Spielern noch merkbar in Erinnerung.

Mein aktueller Lieblingsspieler in der Mannschaft von United, Juan Mata, konnte vergangene Woche beim 3-0 gegen Tottenham überzeugen und fand sich erneut in der Startelf. Und siehe da, bei der besten Leistung einer MUFC-Mannschaft seit langer Zeit (seit Jahren?!) wurde er mit zwei Toren, darunter ein Seitfallzieher der Extraklasse, beim unerwarteten 2-1 Auswärtssieg zum Man of the Match. Der intelligente, höfliche und geniale Spanier aus Burgos, der in seiner Freizeit Museen besucht und (auch) über Kunst und Literatur bloggt, war nach einer schwierigen Zeit zwischen Dezember und Februar schon fast abgeschrieben worden, bis er im 4-3-3 von Louis Van Gaal als „false right wing“ in den letzten beiden Partien mehr als überzeugen konnte.

Juan Mata
Juan Mata zum 2-0 gegen Liverpool, (c) eurosport.com, all rights reserved

An diesem Punkt muss ich anmerken, dass ich nach diesen beiden Ergebnissen bereits überglücklich war, mein perfektes Fußballwochenende jedoch noch durch einige andere Ergebnisse komplettiert wurde: Atletico Madrid konnte in La Liga gewinnen (mit den Hauptstädtern sympathisiere ich seit Jahrzehnten) der LASK aus Linz verlor in der zweiten Liga, und auch beide Stallmannschaften von Red Bull (aus Salzburg und aus Leipzig) mussten Niederlagen einstecken. Mein vorletzter Satz in diesem Blogeintrag gilt allerdings dem Clasico, der meist-überspielten Partie der vergangenen Jahre. Ich habe mir das Match angeschaut, nachdem ich aber mit keiner der beiden Mannschaften sympathisiere, war und ist mir das Endergebnis egal. Mein letzter Satz gilt nun jenen Mannschaften, die mir nicht egal sind:

Gemma Riada, come on United, vamos Atleti!

Zeugnisvergabe bei der SV Ried

Wie bereits in den vergangenen beiden Jahren wurden die User im Austrian Soccer Board dazu aufgerufen, die Kicker ihrer Lieblingsmannschaft für die Leistungen in der Herbstrunde 2014/2015 zu benoten (* das 6-0 gegen Wiener Neustadt ereignete sich erst nachdem ein Großteil der Notenvergabe durchgeführt wurde). Die Notenskala dehnt dabei sich von 1 (nicht genügend) bis 10 (sensationell). Nach insgesamt 28 abgegebenen Bewertungen zeigt sich nun folgendes Endergebnis:

noten_herbst

10 – kein Spieler wurde mit der Höchstnote ausgezeichnet.
09 – nur ein Spieler (Patrick Möschl) wurde einmal mit dieser Note bewertet
05 – so durchschnittlich wie die Herbstsaison verlief, so wurde auch Oliver Glasner bewertet
05 – an Thomas Fröschl schieden sich die Geister, er wurde zwischen 2 und 7 bewertet
02 – dies war die am häufigsten an Toni Vastic und Thomas Reifeltshammer vergebene Note
01 – die ASB-User vergaben kein einziges Mal die schlechteste Note

DIE BESTEN

Wenig erstaunlich findet sich Bernhard Janeczek als souveräner Spitzenreiter auf dem ersten Platz. War er vergangene Saison unter Michael Angerschmid noch ein Ergänzungsspieler auf der Position des IV oder RV, so zeigte er sich in der Herbstsaison als meistverbesserter Spieler und souveränster Innenverteidiger des aktuellen Kaders. Kopfballstark, zweikampfstark und mit einer guten Spieleröffnung hat er sich im Herbst in die Herzen der Fans gespielt. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, man sollte die Verlängerung also zu einer Priorität in der Winterpause machen, um ihn nicht ablösefrei an einen Konkurrenten zu verlieren (z.B. Schiemer, Hadzic, Gartler).

Ebenfalls eine starke Herbstsaison spielte Marcel Ziegl, zuletzt leider verletzt out. Mit ihm macht die SVR pro Spiel 1,50 Punkte, ohne ihn sind es nur 0,71 (vielen Dank an @axlsem für diese Statistik). Taktgeber im Mittelfeld, steht meistens richtiger als die anderen und kann auch den tödlichen Pass spielen. Er wird übermorgen erst 22 Jahre alt, spielt aber dennoch bereits in seiner siebten (!) Bundesligasaison (am 29.11.2008 gab er sein Debüt mit 15 Jahren im OÖ-Derby gegen den LASK). Sein auslaufender Vertrag wurde im Frühjahr bis 2016 verlängert, trotzdem ist er bei gleichbleibenden Leistungen wohl einer der nächsten Kandidaten für einen Wechsel zu einer österreichischen Topmannschaft.

In der vergangenen Saison war Patrick Möschl noch so etwas wie der Shootingstar in der SVR-Mannschaft. Heuer hatte er jedoch mit gröberen Anlaufschwierigkeiten (auch aufgrund einer in der Vorbereitung zugezogenen Verletzung) zu kämpfen. Erst zur Herbstsaisonmitte etablierte er sich (wieder) als Stammspieler im linken offensiven Mittelfeld. Mit zwei Toren und zwei Assists hinkt er seinem letztjährigen Saisonoutput nach, bei den Fans wird aber besonders seine dynamische und kämpferische Art geschätzt. Er zeichnete sich auch für den vermutlich wichtigsten Assist der bisherigen Saison verantwortlich, den Lochpass auf Denis Thomalla beim 1-0 Sieg in Wiener Neustadt (beim Duell 9. vs. 10.).

Der Kapitän Thomas Gebauer wurde letzte Saison stark kritisiert, dies vermutlich zu einem Großteil auch zurecht. Heuer waren seine Leistungen mit einer großen Ausnahme (dem 2-2 gegen Grödig, als er den Ball bei einem sinnlosen Ausflug an Philipp Huspek verlor, was direkt in ein Tor von Yordy Reyna resultierte) jedoch konstant. Vor allem in den 1:1 Situationen (jeder kann sich noch an den Alleinlauf von Omer Damari beim 1-1 gegen die Austria erinnern) bärenstark. Ein großes Problem in seinem Spiel sind jedoch Abstöße und Ausschüsse, ein Großteil davon landet nämlich im Seitenout. Er befindet sich in seinem Vertragsjahr und ist jetzt 32 Jahre alt, was für einen Torhüter jedoch noch kein drastisches Alter ist. Aufgrund der Tatsache, dass seine vermeintlichen Thronfolger Samuel Radlinger (Hannover, ausgeliehen an Nürnberg) und Milan Lucic (Bayern II) teuer verkauft werden konnten, kann man davon ausgehen, dass der Vertrag des Kapitäns demnächst verlängert werden wird, auch weil Lorenz Höbarth und Reuf Durakovic nicht an das Niveau des Deutschen herankommen.

DIE WENIGER GUTEN

Der gerade-erst-20-jährige Thomas Murg wurde mit einem Vertrag bis 2018 ausgestattet. Es ist relativ einzigartig, dass ein Neuzugang bei der SV Ried mit einem Vierjahresvertrag ausgestattet wird. Eine solche Maßnahme erzeugt eine bestimmte Erwartungshaltung unter den Fans. Diese wird umso mehr geschürt, wenn sich dieser Spieler dann auch das Trikot mit der Nummer 10 auswählt (welcher sicher nicht mehr diese mythische Bedeutung früherer Zeiten hat, jedoch immer noch speziell ist). Zwei Tore und ein Assist in 16 Einsätzen ist für einen zentralen offensiven Mittelfeldspieler keine gute Quote, er ist bis dato also einiges schuldig geblieben. Man darf aber auch nicht vergessen, dass er im Frühjahr zu keinen Bundesligaeinsätzen kam und eben gerade erst 20 Jahre alt geworden ist. Positiv ist jedenfalls, dass er mittlerweile weniger aussichtslose Dribblings probiert und sich auch für weniger Ballverluste verantwortlich zeichnet. Zuletzt sah man jedoch einen deutlichen Anstieg seines Selbstbewusstseins und durch sein Kopftor (bei 1.74m Körpergröße) gegen Wiener Neustadt konnte er sich auch anständig in die Winterpause verabschieden.

Ziemlich begeistert war man im Sommer nach der Verpflichtung von Dieter Elsneg. Letzte Saison mit 8 Toren und 6 Assists im Salzburgerland noch einer der Hauptverantwortlichen für den Höhenflug der Grödiger, so sind 1 Tor und 3 Assists in 18 Spielen im Herbst bei seinem neuen Club kein guter Output für einen offensiven Mittelfeldspieler. Mit seinem Kopftor (nebst einem Assist) gegen seinen Ex-Verein sicherte er der Mannschaft immerhin einen Punkt beim 2-2 gegen Grödig. Primär wurde an ihm kritisiert, dass man noch immer nicht genau weiß, auf welcher Position er eigentlich am besten aufgehoben ist. Bedenklich ist jedoch das Faktum, dass er seit dem 30. August an keinem Tor mehr beteiligt war. Genau so unauffällig agiert er auch in der Kartenstatistik, mit 0 Gelben Karten in 1454 Spielminuten ist er der fairste Feldspieler der Bundesliga – was ihm jedoch auch wieder Kritik einbringt, denn als zentraler Mittelfeldspieler kann man in der österreichischen Bundesliga eigentlich nur ohne Karte bleiben, wenn man den Zweikämpfen aus dem Weg geht…

Einen enorm schweren Stand hat Toni Vastic in Ried. Neben seinem Präsenzdienst, den er gerade im Panzergrenadierbattailon 13 in Ried ableistet, hat er auch sehr stark unter seinem Namen zu leiden. Es ist alles andere als leicht, wenn der Vater eine (österreichische) Fußballlegende ist (zudem beim hier so ungeliebten LASK), dazu kommt jedoch auch, dass es während seiner Zeit in Ried mehrfach zu kleineren (verbalen) Scharmützeln zwischen den Hardcorefans und ihm kam. Des Öfteren warf man ihm eine mangelnde Einstellung vor, viele Fans haben auch das Gefühl, dass er Ried vom ersten Tag an als „Durchlaufposten“ gesehen hat, kam er doch immerhin von den großen Bayern. Außerdem waren die von Rene Gartler (ein Spieler, der nicht nur sehr erfolgreich sondern unter den Fans auch sehr beliebt war) hinterlassenen Fußstapfen auch viel zu groß. Deswegen reagierte man zum Ende der Transferfrist auch nochmals durch die Verpflichtung von Denis Thomalla. Aus neutraler Sicht wäre es für alle beteiligten Parteien wohl am besten, wenn sich der kolportierte Winter-Transfer (zur Admira) bewahrheiten sollte.

Vom Paulus zum Saulus. So könnte man den katastrophalen Mittelwert von 2.43 für Thomas Reifeltshammer kommentieren. Von Janeczek und Trauner im 3-4-3 aus der Startelf gedrängt, zeigte das 1:3 im Auswärtsspiel bei Sturm Graz deutlich auf, wieso der mittlerweile 26-jährige Neuhofener schlechthin der Verlierer im Herbst ist. Nur 6 Startelfeinsätze (1 Sieg, 5 Niederlagen, kein Tor oder Assist) können einen Spieler, der im September 2013 noch auf Abruf im Nationalteam stand, einfach nicht zufriedenstellen. Kam er in seinen ersten beiden vollen Saisonen noch auf 35 Einsätze (3 Tore, 1 Assist) bzw. 34 Einsätze (2 Tore, 2 Assists), so waren es im Vorjahr nur mehr 28. Durch eine langwierige Verletzung gehandicappt, hatte man bei ihm das Gefühl, dass er im Kalenderjahr 2014 nicht mehr auf dem Leistungslevel spielen konnte, welches er während seiner ersten zweieinhalb Jahre in Ried wöchentlich unter Beweis stellte. Dass es sich bei Reifeltshammer um einen hochsympathischen Burschen aus einer Nachbargemeinde handelt, macht den letzten Platz im Spielerranking umso schmerzhafter für die Allgemeinheit, es gibt wohl kaum jemanden, der ihm nicht den Karriereturnaround wünscht. Bevorzugt in Ried.

(c) @gemprech Dezember 2014

Die Talfahrt geht weiter

Nach acht Runden befinden sich nur sieben Punkte am Konto der SV Ried.
Seit der 1. Runde ist man sieglos.
Saisonübergreifend konnten im Kalenderjahr nur 20 Punkte in 24 Spielen eingefahren werden.

Die logische Konsequenz ist nun die Rote Laterne, die man zum ersten Mal seit der Saison 2006/2007 wieder inne hat. In den folgenden Zeilen möchte ich einige subjektive Gedanken dazu in Worte fassen, wie es zu dieser bedrohlichen Lage kommen konnte.

Offensivpressing

Ein Wort, auf welches die meisten Fans mittlerweile allergisch reagieren. Jede Mannschaft soll jenes System spielen, welches am besten auf das Stärke/Schwächeprofil des Kaders passt. Diese Aussage stammt von Paul Gludovatz, der dies vor wenigen Jahren perfekt erkannt hatte und mit seinem 3-3-3-1 System beeindruckende Erfolge einfahren konnte.

Oliver Glasner hingegen hat mich hingegen schon vor Saisonbeginn mit der Aussage irritiert, dass man „wie Salzburg spielen wolle“. Die Qualität beider Kader ist nicht ansatzweise vergleichbar, egal in welchem Mannschaftsteil. Im Spiel gegen die Austria hatte das punktuelle und nicht durchdacht wirkende Pressing zur Folge, dass man nach der Pause stehend KO war. Wurde der Ball einmal gewonnen, so wurde er innerhalb weniger Momente wieder verloren, zumeist nach langen, planlos wirkenden Bällen nach vorne. Wenn man keinen Ball hat, kann man kein auch Spiel gewinnen, 36% Ballbesitz in Favoriten und 36% Ballbesitz in Altach sind zwei Werte, welche zu Denken geben sollen.  Dazu kommt, dass man gegen die Austria nur 42% aller Zweikämpfe gewinnen konnte, ein unterirdischer Wert.

Ein Spielsystem ist selbst beim besten Willen nicht erkennbar. Mit Ausnahme der ersten 15 Minuten im Auftaktspiel gegen Wiener Neustadt lässt die Mannschaft jegliche Kreativität und Spielfreude vermissen. Man schafft es in vielen Situationen nicht einmal, Pässe über kürzeste Distanzen anzubringen, die so genannten Basics fehlen, ohne die man kein Fußballspiel gewinnen kann.

Defensivschwäche

Drei Gegentore in Favoriten, zwei Gegentore in Altach, zwei Gegentore gegen Grödig, vier Gegentore in Wolfsberg. Der sich munter wechselnde Defensivverband (Lainer als einzige Konstante) ist löchrig und in vielen Situationen heillos überfordert. Gestern hat man es für meinen Geschmack geschafft, Damari wie einen Weltklassestürmer aussehen zu lassen, selber hingegen hat man wie eine FIFA-Mannschaft ausgesehen, bei der die Sprint-Taste kaputt ist. 16 Gegentore in acht Spielen sind der zweitschwächste Wert der Liga, lediglich Wiener Neustadt hat (vor allem bedingt durch das Debakel gegen Salzburg) mehr Tore kassiert.

Thomas Reifeltshammer ist in seiner aktuellen Verfassung leider einfach kein Bundesligaspieler, seine spielerische Entwicklung der letzten Jahre ist durchwegs negativverlaufend. Janeczek, Burghuber und Lainer, also die anderen drei Teile der Viererkette, bringen es zusammen (!) auf 42 Bundesligaspiele. Mangelnde Qualität kann manchmal durch Routine wettgemacht werden, in diesem Punkt wirkt sich die Unerfahrenheit jedoch als Multiplikator aus. Erneut hat man es verpasst, einen Routinier zu verpflichten, das Durchschnittsalter der Mannschaft ist einfach zu niedrig, gestern war Thomas Fröschl mit 25 Jahren der Senior unter den Feldspielern.

Ladehemmung

Viel zu lange hatte man den Ernst der Lage in der Offensivabteilung nach den Abgängen von Zulj und Gartler unterschätzt, mit der Leihe von Thomalla hat man sich diesen Fehler knapp vor Ende der Transferfrist eingestanden. Clemens Walch ist dauerverletzt, Patrick Möschl kann an seine Leistungen der vergangenen Saison in keinster Weise anknüpfen und bei Thomas Murg kann ich es mittlerweile verstehen, wieso ihn Austria verkauft hat, er ist bisher ein Non-Faktor im Offensivspiel dieser Saison. Lichtblick bis dato nur Didi Elsneg, ohne dessen Tore und Assists man den letzten Tabellenplatz wohl schon einzementiert hätte.

Undiszipliniertheiten

Man führt die Ligastatistik der Gelben und Gelb-Roten Karten an. 18 Gelbe Karten für Kritik und Unsportlichkeiten sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Disziplin nicht stimmt. Wenn dann einer der Hauptverantwortlichen für eine solche Statistik auf seiner Facebook-Seite auch noch gegen Kritiker schimpft, dann sehe ich dies als Bestätigung für meine These.

Summa summarum ist die SV Ried für mich zu diesem Zeitpunkt (und war es bereits vor der aktuellen Runde) Abstiegskandidat Nummer 1, zum einen weil Teams wie Wiener Neustadt in diesem Bezug erfahrener sind, zum anderen weil man sich offensichtlich nicht eingestehen will, dass das Projekt „Offensivpressing“ gnadenlos gescheitert ist. Solange man sich nicht auf die eigenen, wirklich vorhandenen Stärken konzentriert, wird sich die sieglose Serie fortsetzen. Oliver Glasner hat den Vorteil, dass er eine Spielerlegende ist, denn ein Trainer ohne Kredit bei den Fans würde bereits mächtig in den Seilen liegen. Nach der Demontage von Michael Angerschmid (der mit einem deutlich schwächeren Kader arbeiten musste, Gartler und Zulj ausgenommen) muss man trotzdem um die Demontage einer weiteren Vereinslegende fürchten, denn spätestens nach Ende der Herbstsaison sollte man reagieren, ansonsten droht der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte nach 2003.

The Wrong One

Am 22. April 2013, also fast auf den Tag genau vor einem Jahr, fixierte Manchester United mit einem souveränen 3-0 Sieg über Aston Villa den 20. Meistertitel der Vereinsgeschichte. Am 34. Spieltag. 13 Punkte Vorsprung auf Manchester City, 21 Punkte Vorsprung auf Chelsea und Arsenal. Und nebenbei erwähnt, 33 (!) Punkte vor Liverpool.

Knappe zwei Wochen später dann der Schock für jeden Fan von Manchester United. Der Rücktritt von Sir Alex Ferguson. Ich bin 30 Jahre alt, war demnach drei Jahre alt, als er im Jahre 1986 das Ruder übernommen hatte. Ähnlich wie (bis zu seinem Tod) bei Papst Johannes Paul II kannte ich also keine andere Person in diesem bestimmten Amt. Es wusste zwar jeder, dass dieser Tag unvermeidlich sein würde, aber insgeheim hoffte jeder dann doch auf „one more year“. Diesmal nicht.

Bei der Frage des Nachfolgers wurde der Name „David Moyes“ immer wieder ins Spiel geworfen. Schotte, Langzeitmanager bei Everton. Schon damals waren viele Fans skeptisch, ob ein Mann, dessen größter Erfolg ein Aufstieg mit Preston North End (von der 3. in die 2. Liga) sowie eine Teilnahme an der Champions League Qualifikation 2005 (welche gegen Villarreal verloren ging), der richtige Mann für diesen Posten sein könne. Doch der Romantiker in Ferguson hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon längst entschieden. „Du wirst neuer Manager von Manchester United“, soll er Moyes damals bei einem Überraschungsbesuch gesagt haben. Wenn der erfolgreichste Trainer der Fußballgeschichte dir einen der wohl vier begehrtesten Jobs im Weltfußball (also neben Real Madrid, Barcelona und Bayern München) anbietet, dann kannst du auch nicht „nein“ sagen.

Und so wurde bereits einen Tag später David Moyes als neuer Manager vermeldet. Sein erster Kardinalfehler war es, dass er seinen eigenen Staff von Everton mitbringen wollte. Die eher unbekannten Steve Round (Co-Trainer), Jimmy Lumsden (First Team Coach), Chris Woods (GK) sowie Phil Neville (Co- #2) wurden installiert, das alte Staff musste geschlossen ihre Schreibtische räumen, darunter auch Rene Meulensteen, der First Team Coach und engste Vertraute von Ferguson und vielen Spielern. So sagte z.B. Robin Van Persie über ihn: „Er ist einer der größten Fußballfachmänner, mit denen ich je zusammengearbeitet habe“.  Ausbalancieren wollte man diesen argen Schnitt durch das Einsetzen der lebenden Vereinslegende Ryan Giggs als Player/Manager (Co- #3), welches aber in weiterer Folge eher reine Showzwecke haben sollte, zu weit auseinander sollen die Vorstellungen seit Anfang an gegangen sein.

Der zweite große Fehler bei MUFC war es, neben Ferguson in diesem Sommer auch den Chairman David Gill austauschen zu müssen. Dieser wurde durch den eher biederen Investmentbanker Ed Woodward ersetzt, einem Mann mit ziemlich wenig Charisma und auch mit keiner Vorerfahrung im internationalen Transfergeschäft. Wenn man bei den Transfersummen heutzutage auf jedes GBP schauen will, dann bleibt man im Kampf mit den russischen und arabischen Ölmillionen zumeist auf der Strecke, auch wenn man nun Manchester United Football Club heißt und die größte Sportmarke der Welt ist. Der Name Thiago Alcantará wurde immer wieder in den Medien genannt, letztendlich wechselte er aber zu den Bayern aus München. Wie sich später herausstellen sollte, weil Moyes der Meinung war, dass Thiago nicht in die Mannschaft passen würde. Stattdessen wurde dann eine Stunde vor Ende des Transferfensters Marouane Fellaini geholt. Um ein Deadline-Day-Premium, nachdem man eine Ausstiegsklausel verstreichen ließ, weil man mit Everton feilschen wollte. Deren Chairman Bill Kenwright war allerdings nicht beeindruckt und MUFC musste Fellaini letztendlich auch deswegen verpflichten, weil man sonst mit ganz leeren Händen da gestanden wäre. Die Außendarstellung dieses Transfers war frappant, Transfers unter Ferguson/Gill verliefen immer so, dass es keine Gerüchte gab, bis zu dem Zeitpunkt an dem ein Transfer dann quasi unter Dach und Fach war. Wie ging es mit anderen Transferzielen? Das verzweifelte Werben um Cesc Fabregas von Barcelona war vom ersten Tag an zum Scheitern verurteilt und nicht einmal den „Wunschspieler“ Leighton Baines konnte man von Everton loseisen, weil man einfach zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die geforderte Summe bieten wollte.

Der Start von Moyes war dennoch relativ ermutigend. Ein 2-0 im Charity Shield gegen Wigan. Ein 4-1 Auswärtssieg bei Swansea (gegen die Ferguson in Wales in zwei Jahren nur zwei Unentschieden holen konnte). Ein sehr vorsichtiges 0-0 gegen Chelsea (das gleichzeitig auch das erste „große“ Match bei Mourinho nach dessen Rückkehr an die Stamford Bridge war). Eine 0-1 Niederlage bei Liverpool, bei denen man in den letzten Jahren zumeist sowieso nie gut ausgesehen hatte. Also kein Grund zur Panik.

Diesen Grund gab es dann aber am 22. September 2013, als man von Manchester City im Derby 1-4 auseinandergenommen wurde. Das Ergebnis an diesem Tag war noch relativ glimpflich, einen derart massiven Qualitätsunterschied hatten viele noch nie zuvor in einem Ligaspiel von MUFC gesehen. Es gab in den Jahren davor das eine oder andere „Freakergebnis“ (zum Beispiel das 1-6, bei dem es nach 88 Minuten nur 1-3 gestanden war und man in den letzten Minuten dann übermütig ins Verderben rannte), aber nie solche Anzeichen von Hilflosigkeit. Im darauffolgenden Heimspiel verlor man zum ersten Mal seit 1978 wieder gegen West Brom, im Dezember wurden ähnliche Serien gegen Everton und Newcastle gebrochen, am Neujahrestag gab es die erste Heimniederlage gegen Swansea überhaupt .. aber am besten, man liest sich die Liste selber durch.

moyes

Nach der gestrigen 0-2 Niederlage bei Everton ist MUFC auch die erste North Western – Mannschaft der englischen Erstligageschichte, die in den drei Lokalduellen (gegen Liverpool, Manchester City sowie Everton) keinen einzigen Punkt geholt hat. In einer Tabelle der Top7 steht man abgeschlagen am Tabellenende. Das Old Trafford, einst eine der größten Festungen im Weltfussball, in die keine Auswärtsmannschaft gerne reisen wollte, verkam nach und nach zur Lachnummer. So gingen heuer (inkl. FA-Cup) sieben Heimspiele verloren, mehr als in den letzten vier Jahren zusammen. Dazu kam auch noch ein Out im League Cup Semifinale gegen Sunderland.

Fast noch mehr als über diese ganzen Niederlagen, gebrochenen Rekorde und gerissenen Serien musste man sich allerdings über die Aussagen von Moyes ärgern. Er sagte zu Rio Ferdinand (einem Ex-Teamkapitän, Champions League Sieger und zigfachen englischen Meister), was „Phil Jagielka in dieser Situation machen würde„. Er meinte, dass man „anstrebt, so wie Manchester City zu spielen„. Dass Newcastle gerade stark drauf ist, und „man dagegenhalten will„. (vor einem Heimspiel, das dann wie bereits erwähnt auch verloren ging). Dass man „im Sommer in iPads und andere digitale Hilfsmittel investieren wird, um das Scoutingnetzwerk weiter zu verbessern„. Moyes stapfte also zielsicher vom einen in das nächste Fettnäpfchen. Viele der größten Tageszeitungen haben in Manchester ihren Zweit- oder sogar Hauptsitz, deswegen ging hier keine derartige Meldung verloren.

Mehrmals in dieser Saison wurde berichtet, dass Moyes knapp vor einer Entlassung steht. Zum ersten Mal nach der Klatsche gegen Man City und der Heimniederlage gegen West Brom. Damals rettete allerdings ein bis dahin unbekannter 17-jähriger Teenager namens Adnan Januzaj seine Haut, indem er beim 2-1 Auswärtssieg bei Sunderland beide Tore erzielte, im ersten Einsatz von Beginn an. Fortan galt Januzaj als Symbolfigur für das „neue, spannende Manchester United unter Moyes“. Dieser Schein konnte allerdings auch nur einige Wochen gewahrt werden. Deswegen investierte man in der Winterpause massiv und schaffte es, Juan Matá von Chelsea loszueisen, deren Player of the Year 2012 und 2013, einen der besten Spielmacher (bzw. „10er“) der Welt. Wieder machte sich eine Aufbruchsstimmung breit, die diesmal jedoch nur exakt einen Tag lang anhielt. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gab es eine Niederlage bei Stoke City. Matá wurde out of position am rechten Flügel eingesetzt, wo er die Mehrzahl seiner Spiele bis heute absolvieren musste. Im März kam man plötzlich auf die Idee, dass Shinji Kagawa doch kein so schlechter Fußballspieler ist (bis dahin wurde er sporadisch als Joker eingesetzt). Andere Spieler wie Ryan Giggs oder Rio Ferdinand kamen gar nicht mehr zum Einsatz. Wieder andere (z.B. Valencia, Cleverley, Young) wurden entweder jedes Spiel gebracht oder dann wieder länger gar nicht mehr. In 51 Saisonspielen hatte Moyes nicht zweimal die gleiche Startaufstellung aufgeboten.

Als Moyes das zweite Mal vor einer Entlassung stand, hat ihm das 3-0 nach der 0-2 Auswärtsniederlage bei Olympiakos (einer maximal biederen Mannschaft im europäischen Fußball) den Job gerettet. Anschließend gab es einen souveränen 2-0 Sieg bei West Ham, an einem so genannten „bogey ground“ der jüngeren Vergangenheit. Es schien nun endlich zu laufen. Aber nur weitere drei Tage später gab es dann die nächste Klatsche, ein 0-3 gegen Manchester City bei dem die Hilflosigkeit von Trainerteam und Mannschaft wieder allgegenwärtig war. Vor dem nächsten Heimspiel gegen Aston Villa gab es Gerüchte, eine Fangruppe wolle das ominöse Banner mit der Aufschrift „The Chosen One“ vom Sir Alex Ferguson Stand entfernen. Vom Stretford End (jener Seite im Old Trafford, wo die Hardcorefans beheimatet sind) gab es jedoch weiterhin Support für Moyes und nach einem 4-1 Sieg (nach Rückstand) inklusive des ersten Tors von Juan Matá schien sich die Lage erneut zu beruhigen. Aber die Wogen schwappten in immer kürzeren Abständen über, die mögliche Qualifikation für die Champions League war zu diesem Zeitpunkt bereits nahezu unmöglich und in der Champions League hatte man die Bayern gezogen. Gerade die Bayern.

Die Spiele verliefen relativ glimpflich, aber eigentlich auch nur deswegen, weil Moyes auf die Tugenden von Manchester United verzichtete (kompromissloser Offensivfußball, lieber 4-3 als 1-0 gewinnen) und zweimal eine Menschenmauer antreten ließ. Für knappe 60 Sekunden konnte man auch an ein Wunder glauben, letztendlich war der Klassenunterschied aber zu groß und man musste sich aus der Champions League verabschieden, mit dem Hintergedanken dass man diese frühestens wieder im September 2015 sehen würde.

Gestern musste Moyes an jene Stätte zurückkehren, an welcher er die letzten 11 Jahre gewirkt hatte, eine unspektakuläre Mannschaft aufgebaut hatte, welche meistens zwischen dem 5. und 10. Platz anzufinden war. Sein Nachfolger dort wurde Roberto Martinez, ein Exil-Spanier der in der Vorsaison den Absteiger aus Wigan zum sensationellen FA-Cupsieg gegen das übermächtige Manchester City geführt hatte. Spieler wie Leighton Baines und Ross Barkley, mit denen Moyes bereits bei Everton gearbeitet hatte, äußerten sich folgendermaßen über den Unterschied zwischen Martinez und Moyes. „Das Training selber ist fast gleich, aber er redet mit uns viel mehr über Taktik, über Spiel- und Laufwege“. Eigentlich Dinge, welche für mein Verständnis von Fußball völlig normal sein sollten. Innerhalb von wenigen Monaten konnte Martinez in Liverpool eine spannende Mannschaft aufbauen, welche mit modernem offensivem Kurzpassspiel in die Champions League drängt. Dieser Umbruch, welcher viele Neuzugänge (Lukaku, McCarthy, Deulofeu, McGeady) und Spieler aus dem eigenen Nachwuchs (Barkley, Stones) umfasste, wurde also scheinbar spielend leicht geschafft, während hingegen Moyes mit einer Meistermannschaft, gespickt mit Weltklassefußballern, keinen Fuß auf den Boden brachte. Letztendlich hat Moyes also wohl genau dieser Umstand den Job gekostet.

So gut wie alle Minimumziele (4. Platz in der Liga, Erreichen des Viertelfinale in der Champions League und im FA-Cup) wurden verpasst, noch frappanter ist allerdings die Rückentwicklung einer Mannschaft, die zum letzten (und einzigen) Mal vor 19 Jahren die Qualifikation für die Champions League verpasst hatte. Kein einziger Spieler entwickelte sich seit dem Amtsantritt von Moyes weiter, einige wurden sogar öffentlich abgewatscht (so sagte Moyes zu Danny Welbeck – geboren und aufgewachsen in Manchester – dass er sich beim Trainingsehrgeiz mehr an Wayne Rooney orientieren sollte) oder zu Bauernopfern für das Verpassen der Ziele in dieser gemacht (Cleverley, Young). Die ewigen Hinhalteparolen von Moyes scheinen nun nach der Gewissheit, dass man keine Chance mehr auf die CL hat, ein Umdenken im Board bewirkt zu haben. Die Glazers hatten bei den Tampa Bay Buccaneers auch keine Skrupel, deren Coach Jon Gruden (den einzigen Superbowl-Sieger in der Geschichte von Tampa) nach einer schwachen Saison vor die Türe zu setzen. Man muss zwar jetzt wohl knappe 25 Millionen ausbezahlen (nachdem man Moyes einen 6-Jahresvertrag als Vertrauensvorschuss gegeben hatte), dies scheinen aber nun Peanuts im Vergleich dazu zu sein, was man in weiterer Folge durch das erneute Verpassen der CL-Qualifikation verlieren würde.

David Moyes wurde regelrecht in den Job gedrängt, wenn man bei den Fakten bleibt,  hat er stets versagt, es gibt kein einziges Saisonspiel bei dem man sagen könnte, es wurde wegen Moyes‘ Taktik gewonnen (der Einsatz von Januzaj gegen Sunderland passierte mehr aus Verzweiflung), die Stimmung in der Kabine soll endgültig gekippt sein. Und wie heißt es so schön, wenn der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht, dann ist das Ende nah. Deswegen wird Moyes immer als „The Wrong One“ in Erinnerung bleiben und jene Vermutung sollte sich bewahrheiten, dass „man nicht der Manager nach Ferguson sein will, sondern der Manager der auf eben diesen nachfolgt“. Am 21. April 2013, also fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Fixierung des 20. Meisteritels, liegt Manchester United 23 Punkte hinter Liverpool, 18 hinter Chelsea, 14 hinter Manchester City sowie 13 hinter einem CL-Qualifikationsplatz. Wer auch immer das Amt übernehmen wird, es ist zum aktuellen Zeitpunkt wirklich gänzlich unvorstellbar, dass es unter ihm noch weiter bergab gehen könnte.

Interessiert keinen mehr.

Als Anhänger der SV Ried 1912 ist man leidgeprüft. Ich war (verhältnismäßig) zarte 19 Jahre alt, als man damals völlig unerwartet am letzten Spieltag der Saison 2002/2003 den Gang in die Unterklassigkeit antreten musste. Durch eine 0-3 Heimniederlage gegen Admira Wacker bei einem gleichzeitigen 2-0 Sieg von SW Bregenz beim Meister aus Favoriten war das Unerwartete tatsächlich wahr geworden. Den Mattersburgern sollte ein ähnliches, vermutlich noch unerwartetes Schicksal in der Saison 2012/2013 drohen, also genau zehn Jahre später. Aufsteiger damals, als die SVR in die Erste Liga musste? Richtig, der SV Mattersburg.

Dies war mit Sicherheit die dunkelste Phase der ansonsten märchenhaften Geschichte des Dorfes aus dem Innviertel, und wäre damals nicht Onkel Frank mit seinem Tigerteam-Geldkoffer gekommen (dafür verloren wir in Folge halt Schiemer, Lasnik und Sulimani an dessen Stammverein), ich bin mir nicht sicher ob der Wiederaufstieg in der Zwischenzeit geglückt wäre. Warnende Beispiele für Vereine mit Daueraufenthalt in der zweithöchsten Spielklasse gibt es ja (I am looking at you, Austria Lustenau).

Das Frühjahr 2007/2008 war eine andere sinistre Periode. Heli Kraft war dem Ruf aus seiner Heimat erlegen (er wurde Sportdirektor bei Wacker) und das undynamische Duo Weissenböck/Schimpl schaffte es in einer halbjährigen Amtszeit beinahe, den Verein wieder in die Zweitklassigkeit zu führen. In den letzten vier Saisonspielen musste dann Ex-Kapitän Michael Angerschmid (damals Coach bei den Ried Amateuren) als gallionsfigurenartiger Interimstrainer herhalten, man beendete die Saison im Endeffekt auf einem unzufriedenstellenden 7. Endrang mit nur 38 Punkten. Im letzten Saisonviertel wurde kein einziger Sieg eingefahren und es wurden auch nur drei Unentschieden geholt. Damals noch schwächer? Altach, die Austria aus Kärnten sowie Wacker Innsbruck (autsch, Heli Kraft).

Einem gewissen Georg Zellhofer war dieser fast abgestiegene Kader am Beginn der kommenden Saison zu schwach. Dies wusste er allerdings erst nach vier Wochen im Traineramt. Wie es das Schicksal so wollte, war dem Paul Gludovatz der selbe Kader nicht zu schwach. Er führte sein mystisches 3-3-3-1 (zumindest in den Augen von Peter Pacult) ein und stülpte einer nicht-so-tollen Mannschaft ein funktionierendes Korsett über. Man bekam nicht viele Gegentore und konnte in der Offensive mit gezielten Nadelstichen immer wieder anschreiben. Mit Drechsel und Lexa hatte man damals für Rieder Verhältnisse natürlich auch Spitzenkicker im Team. Höhepunkt dann sicher der Cupsieg im Jahre 2011, auf dem Weg dorthin wurden der LASK, Sturm Graz und Rapid ausgeschaltet, im Finale im Prater ging es dann gegen die Austria aus Lustenau, über 12.000 SVR-Fans pilgerten mit und erlebten bei ungetrübtem Sonnenschein eine weitere Sternstunde der SV Ried aus 1912.

Nun aber der Bezug zum Hier und Heute. Führungsspieler wie Drechsel, Lexa, Brenner, Glasner oder Stocklasa sind weg. Das damals so erfolgreiche System wurde abgeschafft, weil man sich „weiterentwickeln wollte“. Die Mannschaft wurde von Jahr zu Jahr jünger, in der aktuellen Saison lag das Durchschnittsalter einige Male bei unter 23 Jahren. Der älteste Feldspieler (Gartler) ist 27 Jahre alt. Man hat sich den wohl verletzungsanfälligsten Kader der Bundesligageschichte zusammengestellt (Reiter, Wieser und Riegler sind seit November out, Walch und Ziegl sind dauerverletzt, Trauner hat sich zweimal das Gesicht gebrochen, Reifeltshammer hat ewig lange fitgespritzt gespielt, Janeczek fiel mit einem Nasenbeinbruch aus, Gartler ist jetzt an der Schulter verletzt) und bekommt dadurch keine Automatismen in die Mannschaft.

Dennoch haben sich beim gestrigen Cup-Out gegen St. Pölten elf (Profi-)Spieler blamiert. Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute oder schlechte Spieler. Wenn man es in 30+ Minuten nicht schafft, gegen einen unterklassigen Verein klare Torchancen herauszuspielen, dann stimmt etwas nicht. Wenn dann der letzte Stürmer erst nach 85:56 eingewechselt wird (totale Offensive also für die letzten 4 Minuten), dann fragt man sich ob auch beim Trainerteam etwas nicht stimmt. Baumgartner (der Gerald aus St. Pölten) hat vor der Partie von einem Matchplan gesprochen. Bei der SVR bin ich mir nicht sicher, ob dieses Wort so wirklich geläufig ist. Vieles basiert auf Zufall, am besten hohe, weite Bälle nach vorne, der Gartler wird schon irgendwas draus machen. Achja, der Gartler spielt ja heute nicht. Na dann. Man könnte auch einmal hinterfragen, wieso man schon wieder im Frühjahr zurückfällt. Wieso man in nahezu jeder zweiten Halbzeit einbricht. Ist das Training zu intensiv aber wird gleichzeitig zu wenig Augenmerk auf die Kondition gelegt?

Worauf ich hinaus will? Im Frühjahr gingen vier der sieben Heimspiele verloren:

1-3 gegen Salzburg,
1-4 gegen Grödig (Pausenstand 0-0),
1-2 gegen Wacker (Pausenstand 0-0),
1-2 gegen St. Pölten (Pausenstand 1-1).

Dazu kamen:

eine gefühlte Niederlage (das 2-2 gegen die Austria, bei dem man das Kunststück vollbrachte, mit einem Mann mehr in der 94. Minute bei eigenem Ballbesitz den Ausgleich zu kassieren),
ein glückliches Unentschieden (ein 2-2 gegen Sturm mit Hilfestellung von Pliquett)
sowie ein mickriger Sieg, ein zittriges 2-1 gegen Wiener Neustadt (durch ein spätes Siegtor von Oliva).

Ich erwarte mir definitiv nicht, dass man jedes Heimspiel gewinnt. Aber wenn man dann innerhalb von vier Tagen gegen einen gefühlten Zweitligisten (Wacker) und einen echten Zweitligisten (St. Pölten) verliert, dann reißt auch mir der Geduldsfaden. Umso mehr, wenn man dann vernehmen muss, dass vier Spieler am Abend vorher noch ein bisserl die Wasserpfeife konsultiert haben. Profihaftes Verhalten? Fehlanzeige. Ich verlange von unseren Profis nicht, dass sie jeden Abend um 22:00 ins Bett gehen und vorher nicht mehr außer Haus gehen, aber wenn man sich dann am Vorabend eines Matches (des wohl wichtigsten der Saison) zu einigermaßen später Stunde in ein öffentliches Lokal begibt, dann ist das einfach nur dämlich. Gestern gab es 90 Minuten lange positiven Support für die Mannschaft, logischerweise brachen im Anschluss aber die Dämme, eine fataler Mix aus Enttäuschung, Unzufriedenheit und Wut entlud sich in Richtung der Mannschaft, inklusive Trainer. Löblich hervorheben möchte ich hier nur Thomas Gebauer und Thomas Reifeltshammer (der nicht mal gespielt hat!), welche versucht haben mit den Fans zu reden bzw. dies auch getan haben.

Ich selber werde sogar von meinem Vater ab und zu verarscht, weil ich mir jedes noch so unbedeutende Spiel der Rieder im Stadion anschaue, 16-18x pro Saison für Heimspiele die 244km aus Graz rauffahre (und nach dem Wochenende dann wieder runterfahre) .. aber das macht es halt aus, wenn man Anhänger (s)einer Mannschaft ist. Aber nach dem gestrigen Unspiel ist für mich der Punkt erreicht, an dem sogar ich sage: in den letzten zwei Heimspielen der Saison muss ohne mich gespielt werden. Mein Geld (in Form der Dauerkarte) hat die SVR bereits, aber physisch werde ich mir dies heuer nicht mehr antun. Um einen großen italienischen Philosophen zu zitieren: ich habe fertig mit dieser Saison (und Teilen dieser Mannschaft).

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Bundesligatrainer vor 19 Jahren

Anlässlich des Panini-Albums zur WM 2014 habe ich mal wieder einen Blick auf meine alten Alben geworfen. Besonders interessant habe ich „Fußball 96“ zur Meisterschaftssaison 1995/1996 gefunden, da in diesem Album mit Ausnahme von Roger Schmidt (damals unterklassig beim SC Verl aktiv) und Adi Hütter (ohne Bild im Album) alle aktiven österreichischen Bundesligatrainer verewigt sind.

Wie haben diese Herren also vor knapp 19 Jahren ausgesehen?
Davon kann man sich durch die folgenden Scans (mit 12 Jahren hab ich leider noch nicht alles 100%ig gerade eingeklebt) selber ein Bild machen.

RB SALZBURG – (Co-Trainer Oliver Glasner, 20 Jahre, SV Marc O‘ Polo Ried)

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RAPID WIEN –  (Zoran Barisic, 25 Jahre, SK Rapid Wien)

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AUSTRIA WIEN – (Herbert Gager, 25 Jahre, FC Baumit Admira Wacker)

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SV GRÖDIG –  (Co-Trainer Edi Glieder, 26 Jahre, Casino Graz-GAK)

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SV RIED –  (Michael Angerschmid, 21 Jahre, SV Marc O‘ Polo Ried)

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WOLFSBERGER AC – (Didi Kühbauer, 24 Jahre, SK Rapid Wien)

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STURM GRAZ –  (Darko Milanic, 27 Jahre, SK Stabil Fenster Sturm Graz)

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ADMIRA WACKER MÖDLING –  (Walter Knaller, 37 Jahre, Trainer bei FC Baumit Admira Wacker)

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SC WIENER NEUSTADT – (Heimo Pfeifenberger, 28 Jahre, SV Casino Salzburg)

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WACKER INNSBRUCK – (Michael Streiter, 29 Jahre, FC Tirol Milch Innsbruck)

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BONUS! Österreichische Trainer im Ausland

1. FC KÖLN – (Peter Stöger, 29 Jahre, SK Rapid Wien sowie Co-Trainer Manfred Schmid, 24 Jahre, FK Austria Memphis)

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FC INGOLSTADT – (Ralph Hasenhüttl, 27 Jahre, SV Casino Salzburg)

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SCHNAUZER-BONUS (Peter Pacult, 35 Jahre, FK Austria Memphis)

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Auf Wunsch kann ich auch noch gerne andere Trainer/Spieler aus diesem Album veröffentlichen, einfach als Kommentar nachfragen.