Nach acht Runden befinden sich nur sieben Punkte am Konto der SV Ried.
Seit der 1. Runde ist man sieglos.
Saisonübergreifend konnten im Kalenderjahr nur 20 Punkte in 24 Spielen eingefahren werden.
Die logische Konsequenz ist nun die Rote Laterne, die man zum ersten Mal seit der Saison 2006/2007 wieder inne hat. In den folgenden Zeilen möchte ich einige subjektive Gedanken dazu in Worte fassen, wie es zu dieser bedrohlichen Lage kommen konnte.
Offensivpressing
Ein Wort, auf welches die meisten Fans mittlerweile allergisch reagieren. Jede Mannschaft soll jenes System spielen, welches am besten auf das Stärke/Schwächeprofil des Kaders passt. Diese Aussage stammt von Paul Gludovatz, der dies vor wenigen Jahren perfekt erkannt hatte und mit seinem 3-3-3-1 System beeindruckende Erfolge einfahren konnte.
Oliver Glasner hingegen hat mich hingegen schon vor Saisonbeginn mit der Aussage irritiert, dass man „wie Salzburg spielen wolle“. Die Qualität beider Kader ist nicht ansatzweise vergleichbar, egal in welchem Mannschaftsteil. Im Spiel gegen die Austria hatte das punktuelle und nicht durchdacht wirkende Pressing zur Folge, dass man nach der Pause stehend KO war. Wurde der Ball einmal gewonnen, so wurde er innerhalb weniger Momente wieder verloren, zumeist nach langen, planlos wirkenden Bällen nach vorne. Wenn man keinen Ball hat, kann man kein auch Spiel gewinnen, 36% Ballbesitz in Favoriten und 36% Ballbesitz in Altach sind zwei Werte, welche zu Denken geben sollen. Dazu kommt, dass man gegen die Austria nur 42% aller Zweikämpfe gewinnen konnte, ein unterirdischer Wert.
Ein Spielsystem ist selbst beim besten Willen nicht erkennbar. Mit Ausnahme der ersten 15 Minuten im Auftaktspiel gegen Wiener Neustadt lässt die Mannschaft jegliche Kreativität und Spielfreude vermissen. Man schafft es in vielen Situationen nicht einmal, Pässe über kürzeste Distanzen anzubringen, die so genannten Basics fehlen, ohne die man kein Fußballspiel gewinnen kann.
Defensivschwäche
Drei Gegentore in Favoriten, zwei Gegentore in Altach, zwei Gegentore gegen Grödig, vier Gegentore in Wolfsberg. Der sich munter wechselnde Defensivverband (Lainer als einzige Konstante) ist löchrig und in vielen Situationen heillos überfordert. Gestern hat man es für meinen Geschmack geschafft, Damari wie einen Weltklassestürmer aussehen zu lassen, selber hingegen hat man wie eine FIFA-Mannschaft ausgesehen, bei der die Sprint-Taste kaputt ist. 16 Gegentore in acht Spielen sind der zweitschwächste Wert der Liga, lediglich Wiener Neustadt hat (vor allem bedingt durch das Debakel gegen Salzburg) mehr Tore kassiert.
Thomas Reifeltshammer ist in seiner aktuellen Verfassung leider einfach kein Bundesligaspieler, seine spielerische Entwicklung der letzten Jahre ist durchwegs negativverlaufend. Janeczek, Burghuber und Lainer, also die anderen drei Teile der Viererkette, bringen es zusammen (!) auf 42 Bundesligaspiele. Mangelnde Qualität kann manchmal durch Routine wettgemacht werden, in diesem Punkt wirkt sich die Unerfahrenheit jedoch als Multiplikator aus. Erneut hat man es verpasst, einen Routinier zu verpflichten, das Durchschnittsalter der Mannschaft ist einfach zu niedrig, gestern war Thomas Fröschl mit 25 Jahren der Senior unter den Feldspielern.
Ladehemmung
Viel zu lange hatte man den Ernst der Lage in der Offensivabteilung nach den Abgängen von Zulj und Gartler unterschätzt, mit der Leihe von Thomalla hat man sich diesen Fehler knapp vor Ende der Transferfrist eingestanden. Clemens Walch ist dauerverletzt, Patrick Möschl kann an seine Leistungen der vergangenen Saison in keinster Weise anknüpfen und bei Thomas Murg kann ich es mittlerweile verstehen, wieso ihn Austria verkauft hat, er ist bisher ein Non-Faktor im Offensivspiel dieser Saison. Lichtblick bis dato nur Didi Elsneg, ohne dessen Tore und Assists man den letzten Tabellenplatz wohl schon einzementiert hätte.
Undiszipliniertheiten
Man führt die Ligastatistik der Gelben und Gelb-Roten Karten an. 18 Gelbe Karten für Kritik und Unsportlichkeiten sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Disziplin nicht stimmt. Wenn dann einer der Hauptverantwortlichen für eine solche Statistik auf seiner Facebook-Seite auch noch gegen Kritiker schimpft, dann sehe ich dies als Bestätigung für meine These.
Summa summarum ist die SV Ried für mich zu diesem Zeitpunkt (und war es bereits vor der aktuellen Runde) Abstiegskandidat Nummer 1, zum einen weil Teams wie Wiener Neustadt in diesem Bezug erfahrener sind, zum anderen weil man sich offensichtlich nicht eingestehen will, dass das Projekt „Offensivpressing“ gnadenlos gescheitert ist. Solange man sich nicht auf die eigenen, wirklich vorhandenen Stärken konzentriert, wird sich die sieglose Serie fortsetzen. Oliver Glasner hat den Vorteil, dass er eine Spielerlegende ist, denn ein Trainer ohne Kredit bei den Fans würde bereits mächtig in den Seilen liegen. Nach der Demontage von Michael Angerschmid (der mit einem deutlich schwächeren Kader arbeiten musste, Gartler und Zulj ausgenommen) muss man trotzdem um die Demontage einer weiteren Vereinslegende fürchten, denn spätestens nach Ende der Herbstsaison sollte man reagieren, ansonsten droht der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte nach 2003.