Wie es dazu gekommen ist und was mich dazu bewogen hat, habe ich in meinem nachfolgenden Reisebericht (inkl. Bilder, Video und Kartenmaterial) niedergeschrieben.
Der Gratisflug
Ich besitze seit knapp drei Jahren eine Mastercard Black. Die Besonderheit an dieser Karte (abgesehen von den leicht höheren jährlichen Kartengebühren) ist der Black Bonusflight. Jedes Mal, wenn ich innerhalb eines Jahres eine bestimmte Umsatzschwelle erreiche (7500 EUR), kann ich mir einen Gratisflug in eine von elf vorausgewählten europäischen Destinationen aussuchen. Ich bezahle quasi alles mit Kreditkarte (Supermarkt, Tankstelle, Onlineshopping, Handy, usw.), insofern stellt diese Schwelle kein all zu großes Problem dar. Im April dieses Jahres habe ich mich für Stockholm (und gegen Amsterdam und Hamburg) entschieden.
Aufgrund der günstigen Konstellation hatte ich mich in Sachen Reisetermin für das verlängerte Allerheiligen-Wochenende entschieden (bei Städtetrips spielt das Wetter oder die Jahreszeit nur eine Nebenrolle). Es würde die zweite (Urlaubs-)Reise in meinem Leben sein, welche ich alleine antreten würde – doch mehr dazu später.
Nur mit Handgepäck bestückt machte ich mich am Samstagvormittag per Flughafenbus vom Jakominiplatz auf den Weg nach Graz-Thalerhof. Dort genügt es gemütlicherweise, wenn man 30 Minuten vor dem Boarding am Flughafen ankommt. Nach einem 25-minütigen Verbindungsflug nach Wien-Schwechat passierte mir in der AUA-Maschine nach Stockholm ein peinlicher Fauxpas. Ich war eine der ersten Personen in der Maschine, musste allerdings relativ spät nach einer kurzen Diskussion noch meinen Platz verlassen. Der Grund? Ich hatte die Gatenummer (11F) für meinen Sitzplatz gehalten. Oops – sowas ist mir noch nie passiert. Dies sollte jedoch der einzige „Zwischenfall“ an diesem verlängerten Wochenende bleiben.
Der schwedische Wettergott (THOR!) hatte es gut mit mir gemeint. Stabiles Hochdruckwetter, 6-8C°, leichter Wind aus N/W und Sonnenschein war die Prognose für die drei Tage – welche dann glücklicherweise auch eintrat.
Unterkunft im Hotel Kungsträdgården (4*)
Nach dem Check-in im Hotel Kungsträdgården („The King’s Garden“) in Norrmalm, welches ich durch die frühe Buchung auf booking.com ohne Stornieroption (wer nicht wagt, der nicht gewinnt) zu einem sehr günstigen Preis bekommen hatte (nur falls jemand danach googeln sollte und anschließend der Meinung ist, bei mir sei der Reichtum ausgebrochen), inspizierte ich noch meine nähere Umgebung, zu der u.a. auch der Eislaufplatz im Kungsträdgården gehörte. Das Eislaufniveau unter den aktiven Personen fiel dabei eeeeetwas höher aus als auf einem öffentlichen Eislaufplatz in Österreich.
Nach einem kurzen Abstecher in das Einkaufszentrum Gallerian (von der dortigen Auswahl war ich eher enttäuscht) machte ich mich auf die Suche nach einem Steak/Burgerlokal.
Fündig wurde ich in Gute Grill & Bar (Brunnsgatan 6). Für ein Menü aus Vorspeise (Spicey Crispy Chicken with Chutney), Hauptspeise (Burger made from ground chuck steak, lamb brisket & lamb shoulder. With corn bread, crispy pulled pork, onion jam, svecia cheese and truffle mayo. Served with double fried French fries and homemade ketchup), Nachspeise (Meringue with Vanilla Ice Cream, Cardamom Cream and Salt Roasted Pistacio) inkl. Gedeck (verschiedene Brotsorten und Aufstriche), Gruß aus der Küche (Suppe mit Safran-Geschmack) und zwei Carlsberg Export Lager musste ich 481 SEK, also knapp 48 EUR auf den Tisch legen.
Für die ausgezeichnete Qualität und das freundliche und schnelle Service nicht wirklich erschreckend; in Österreich müsste mal wohl mit einer ähnlichen Gesamtsumme rechnen. Nach der kleinen Abendwanderung zurück zum Hotel wollte ich nur mehr die Qualität der Dusche sowie die Bequemheit des Bettes testen. Beide mit Bravour bestanden.
Sightseeing durch Gamla Stan, Norrmalm, Östermalm und Djurgården
Nach knapp neun Stunden Schlaf (inkl. Zeitumstellung) und einem Streifzug durch das erstklassige Frückstücksbuffet im Hotel machte ich mich schon um knapp 9.00 Uhr auf zum extreme Sightseeing. Das Wetter? Fast schon kitschig, wie das nachfolgende Bild vom nahegelegenen Riksdagshuset (Reichtagsgebäude) beweist.
Beim Kungliga slottet (Königliches Schloss) auf Gamla Stan kam ich ungeplanterweise genau richtig zur Wachübergabe. Ein sehr ernster und ernst genommener Prozess. Um bei den Dutzenden fotografierenden und lachenden Touristen ernst bleiben zu können, ist Erfahrung und Routine wohl ein wichtiger Bestandteil des Soldatentums.
Mein weiterer Weg führte mich am Nobelmuseum zurück nach Norrmalm und anschließend über die Skeppholmsbron auf die Insel mit dem Moderna Museet und anschließend noch nach Kastellholmen. Das Wetter war derart unfassbar schön, dass ich dazwischen öfters mal inne halten musste und den sonnigen Blick auf Gamla Stan genoss. 8C°, Sonnenschein, leichter Wind aus N/W – ausgestattet mit Winterjacke, Haube und Winterschuhen – genau so stelle ich mir den Herbst vor.

Vasamuseum
Weiter ging es in den Osten nach Djurgården (Tiergarten). Vorbei am Nordiska museet (Nordisches Museum) zum Vasamuseet (Vasamuseum). Die 140 SEK für den dortigen Eintritt waren mäßig gut investiert. Wenn man kein Interesse an Schiffen, dem Schiffsbau oder chemischen Prozessen zur Erhaltung von Holz hat, sei ein Besuch eher nicht empfohlen. Das stark gedämpfte Licht (um das Schiff besser erhalten zu können) und der ganz leicht miefige Geruch machten den Gesamteindruck nicht unbedingt besser. Über die Geschichte der Vasa kann an anderer Stelle detailliert nachgelesen werden. Hier nur der Übersicht halber die Einleitung von Wikipedia:
Die Vasa war eine schwedische Galeone, die zu den größten und am stärksten bewaffneten Kriegsschiffen ihrer Zeit zählte. Bereits zu Beginn ihrer Jungfernfahrt am 10. August 1628 sank die Vasa nach nur etwa 1300 Metern Fahrtstrecke bei normalem Seegang wegen schwerwiegender konstruktiver Instabilität. Nach ihrer Auffindung 1956 und Bergung 1961 wurde sie mehrfach restauriert und ist heute im Vasa-Museum in Stockholm zu besichtigen.
Jedoch muss man dem Museum zu Gute halten, dass die gesamtheitliche Aufbereitung rund um das zentrale Schiff mit multimedialen und miniaturnachgebauten Inhalten absolut gelungen ist, wie auch u.a. dieses Modell im nachfolgenden Bild beweist.
Nach einem Abstecher zum Aquaria-Wattenmuseum, zum ABBA-Museum (für einen Eintritt war/bin ich kein ausreichender Fan) und nach Gröna Lund machte ich mich langsam zurück auf den (Fuß-)Weg nach Gamla Stan. Bislang hatte meine Route (exklusive Abstecher, daher eher Symbolcharakter) folgende Ausmaße angenommen:
Per U-Bahn (T19) ging es dann von Slussen aus zur Station Globen. Um 15:00 stand nämlich in Johanneshov (Hammarbyhöjden) der Besuch einer Allsvenskan-Partie an.
Hammarby IF – IFK Norrköping
Hammarby IF ist als nur einmaliger (1x) schwedischer Meister eigentlich sowas wie der ewige Verlierer neben den beiden bekannteren Vereinen aus Stockholm, namentlich AIK Fotboll (16x Meister) und Djurgårdens IF (18x Meister). Da in Schweden eine Ganzjahresliga von April bis Anfang November gespielt wird, handelte es sich bei der Partie gegen den Tabellendritten aus Norrköping um das letzte Heimspiel der Saison. Das Schmuckkästchen namens Tele2 Arena ist vollüberdacht, angenehm per U-Bahnstation Globen erreichbar und bietet 32.000 Menschen Platz. Im Juli 2013 eröffnet, bietet die Arena auch hierzulande unbekannte Features wie etwa Gratis-WLAN (was von mir dankend angenommen wurde).
Die Stimmung vor 21.000 Menschen war exzellent, wie der Videomitschnitt der Hammarby-Hymne („Just idag är jag stark“) zeigt. Die Qualität des Spiels an sich war überschaubar. Besser als befürchtet aber schlechter als erwünscht. Quasi mit dem Pausenpfiff ging Hammarby durch einen Weitschuss des Isländers Arnór Smárason in Führung, bei dem der österreichische Torhüter von Norrköping, Michael Langer, keine gute Figur machte. Etwa zehn Minuten vor Spielende konnte Norrköping (verdientermaßen) ausgleichen, das Spiel endete schließlich mit einem leistungsgerechten 1-1 Unentschieden.
Nach dem Fußweg zurück zur U-Bahnstation (vorbei am blau erleuchteten Ericsson Globe, einer Veranstaltungshalle für 16.000 Menschen) ging es wieder nach Gamla Stan. In Sachen Infrastruktur für Veranstaltungen spielt Stockholm (knapp 910.000 Einwohner) mit der Tele2 Arena, der Friends Arena (= Nationalstadion, in welchem Österreich letztes Jahr in der EMQ mit 4-1 gegen Schweden reüssieren konnte) und dem Globen in einer anderen Liga als Wien mit dem altehrwürdigen (Betonung auf „alt“) Happelstadion und der abgef***ten Wiener Stadthalle.
Wiedersehen mit alten Bekannten
Am Abend stand dann noch das Wiedersehen mit einer alten Freundin (nicht im Sinne des Alters) an, welche erst wenige Wochen zuvor mit ihrer Familie von London nach Stockholm gezogen war. Über den Sturegatan machte ich mich auf den Weg zur Wohnung im Vallhallavägen. Nach dem angenehmen catching-up machte ich mich dann später am Abend einigermaßen gerädert auf den Nachhauseweg zum Hotel, diesmal über Karlavägen und Nybrogatan.
Hier ist Apple Health ein nettes Programm, weil es automatisch die Schritte bzw. zurückgelegten Kilometer mittrackt. Die 23.3 an diesem Tag zurückgelegten Kilometer stellen wohl eine neue persönliche Bestleistung dar (wohl knapp vor einer Wanderung durch Manhattan, über die Brooklyn-Bridge und wieder retour im Jahre 2009) und ließen mich erschöpft in mein angenehmes Boxspring-Hotelbett fallen.
1-2-3-4 von Anton Corbijn im Fotografiska
Am Montag stand dann nur mehr ein Fixpunkt auf dem Programm: der Besuch der Anton-Corbijn-Ausstellung im Fotografiska museet in Katarina-Sofia. Erneut ging es per pedes quer durch Gamla Stan über den empfohlenen Katarinavägen zum Museum. Als Belohnung für den einigermaßen anstengenden Weg bergauf (von meiner Marathonform bin ich weit entfernt) wurde ich jedoch mit einem traumhaften Blick auf Stockholm belohnt.
Über die 144 Stufen der Söderbergs trappor (Söderbergsstiege) ging es anschließend direkt zum Eingangsbereich des Museums. 130 SEK kostet der Eintritt zu 1-2-3-4, so der Name der Ausstellung von Anton Corbijn, welche noch bis 4. Dezember 2016 läuft.
Wem sein Name kein Begriff ist: über die letzten 40 Jahre hinweg hat dieser Mann u.a. mit U2, Rolling Stones, David Bowie, Arcade Fire, Nirvana, Metallica, Depeche Mode, R.E.M., Pearl Jam oder The Clash zusammengearbeitet, viele seiner Bilder sind ikonisch. Nebenbei hat er auch Regie geführt, nämlich nicht nur bei Musikvideos (u.a. „Talk“ von Coldplay, „Reflektor“ von Arcade Fire) sondern auch bei Spielfilmen (Control, The American [mit George Clooney] und A Most Wanted Man [mit Philip-Seymour Hoffman]).
Musikalisch untermalt wird die Ausstellung durch ein Potpourri von ikonischen Songs der ausgestellten Künstler und Bands. Die nachfolgenden Bilder (im Uhrzeigersinn: U2, Depeche Mode, The Clash, Tom Waits) – zu 95% im für Corbijn charakteristischen S/W gehalten – sprechen dabei stellvertretend für sein Gesamt-Opus.
Am späteren Nachmittag ging es zurück zum Hotel (wo mein Koffer hinterlegt war) und von dort aus mit dem Flygbussarna zurück zum 44km entfernten Arlanda Airport. (Tipp: niemals den Arlanda-Express buchen, kostet mehr als das Doppelte und spart bei Hin- und Rückfahrt nur je 15 Minuten an Fahrtzeit). Die schwedischen (Alkohol-)Spezialitäten, welche ich als Souvenirs mitnehmen wollten, wurden mir an der Duty-Free-Kasse abgenommen. Offenbar darf man von Schweden keinen Alkohol in ein anderes EU-Land exportieren. Seltsam im Bezug auf die Grundfreiheiten der Europäischen Union.
Das letzte Highlight der Reise war dann der Flug von Schwechat nach Graz in einer kleinen Propellermaschine des Typs Bombardier Q400 (ich habe extra nachgerechnet, ich bin zuvor 45x in meinem Leben geflogen – aber immer in einer Turbinenmaschine).
Zusammenfassung
Stockholm schafft es problemlos in die Top3 meines persönlichen Städte-Rankings. Es ist definitiv die sauberste Stadt in der ich je war. Wenn man motiviert ist, sind fast alle Sehenswürdigkeiten und Hot-Spots zu Fuß erreichbar. Die Menschen sind zu 99% freundlich und hilfsbereit, der gleiche Prozentanteil spricht und versteht auch tadelloses Englisch. Das Preisniveau für feste und flüssige Kulinarik ist zwar hoch aber noch akzeptabel (gerade im direkten Vergleich mit Paris im Zuge der EM2016).
Abschließend noch zwei (stellvertretend für viele) amüsante schwedische Wörter bzw. Phrasen, welche sich bei mir besonders gut eingeprägt haben: „Beräknad ankomst“ = Berechnete Ankunft & „Handgriplingheiter“ = Handgreiflichkeiten.
Nachgedanke: alleine verreisen?!
Wie schon eingangs erwähnt, war ich bei diesem Kurztrip alleine unterwegs. „Mit wem fliegst du denn?“ .. „Wer denn noch aller?“ .. Fragen wie diese habe ich im Vorfeld der Reise mehrmals gehört. Als meine Antwort dann „mit niemandem“ oder „alleine“ war, habe ich in vielen Fällen hochgezogene Augenbrauen oder ein stumpfes „ahso/aha“ als unmittelbare Reaktion erhalten. Es scheint fast ein Tabu zu sein, wenn man nicht mit einer/m PartnerIn oder Freunden ins Ausland verreist. Natürlich ist es mit Freunden lustiger oder mit dem Partner romantischer. Aber soll ich demnach immer zu Hause bleiben, nur weil ich mich nicht in einer Beziehung befinde oder niemand aus dem Freundeskreis mitkommen will/kann? Ich denke nicht.
Ich konnte mir das Urlaubs-Programm und die Reise-Geschwindigkeit selber vorgeben, konnte stehen- und sitzenbleiben wann ich wollte und wo ich wollte. Ich hatte Zeit, um über wichtige Dinge nachzudenken oder einfach mal das Hirn auszuschalten (was im Arbeitstrott oder an den Wochenenden selten gelingt) und meine Gedanken schweifen zu lassen. Ich habe alte Bekannte getroffen, ein unterhaltsames Buch gelesen (Anm.: die Autobiographie von Bryan Cranston) und bin aktuell komplett entspannt und erholt. Nebenbei habe ich eine bezaubernde Stadt kennen gelernt, in welche es mich sicher bald wieder verschlagen wird. Dafür nehme ich die (überspitzt formuliert) gesellschaftlichen Stigmata des Alleine-Verreisenden gerne in Kauf.
Alle Fotos wurden mit einem herkömmlichen iPhone 6S geschossen.
Es wurden keine Filter angewendet und kein Blitz eingesetzt.