Halt And Catch Fire: Die beste TV-Serie, die (fast) keiner von euch kennt

Viele von euch haben einen Amazon Prime und damit auch einen Amazon Video Account. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Serie im Laufe der letzten drei Jahre immer wieder unter euren Empfehlungen aufgetaucht ist und bisher stets ignoriert wurde. Meine eingehende These will ich gleich mit dieser kleinen Zahlenspielerei untermauern: 193.016 Fans insgesamt und nur zwei meiner 397 Facebook-Bekannten gefällt die offizielle Seite dieser TV-Serie bei Facebook.

Halt-And-Catch-Fire-AMC
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Dies kann ich auch nachvollziehen und hat drei subjektive Hauptgründe:

  1. Die Bedeutung des Titels „Halt And Catch Fire ist nichtssagend.
  2. Keine(r) der SchauspielerInnen ist wirklich bekannt.
  3. Die Inhaltsangabe (in diesem Fall bei Wikipedia) klingt langweilig:
    „Halt and Catch Fire spielt in den frühen 1980er Jahren und handelt vom Computer-Boom durch die beginnende Verbreitung des Personal Computer.“

Nach vier Staffeln und insgesamt 40 Folgen mit einer Länge von jeweils 42 Minuten lief vergangenen Samstag das Serienfinale bei AMC. Die ganze Serie (inkl. Serienfinale) ist seit Montag (16.10.2017) bereits bei Amazon Video abrufbar. Warum HCF (so die korrekte Abkürzung und nicht etwa HACF) es unter die Top5 meiner Lieblingsserien aller Zeiten geschafft hat, will ich euch mit den 1000 nachfolgenden Wörtern zumindest etwas näher bringen.

Die Bedeutung von HCF

Der Serientitel „Halt And Catch Fire“ hat folgende ursprüngliche Bedeutung:

An dieser Stelle sei ganz spoilerfrei gesagt: je mehr man von der Serie gesehen hat, desto passender wird man den Titel auch finden. Einen deutschen Serientitel gibt es übrigens keinen. Dankenswerterweise wurde auch auf peinliche Bei- oder Untertitel verzichtet.

Die Schauspieler von HCF

Weder Lee Pace (u.a. Thranduil im Hobbit und Ned in Pushing Daisies), noch Scoot McNairy (spielte dank Argo und 12 Years A Slave zwei Jahre hintereinander beim Oscargewinner des Jahres mit – und er heißt wirklich Scoot und nicht Scott), noch Kerry Bishé (spielte in Argo witzigerweise die Ehefrau von Scoot McNairy wie auch bei HCF) oder Toby Huss (King Of The Hill, Carnivale) sind einem breiteren Publikum geläufig.

Lediglich Mackenzie Davis konnte zuletzt durch ihre Rollen als Mindy Park in The Martian, Yorkie in der Emmy-gekrönten Black Mirror Folge San Junipero und zuletzt Mariette in Blade Runner 2049 eine gewisse Bekanntheit (zumindest unter Film- und TV-Nerds) erlangen. Heimlicher Star der vierten Staffel ist auch der Einwahlsound eines 28.8 kbit/s-Modems von ZyXEL – wer noch zu Modemzeiten aufgewachsen ist, weiß wovon ich schreibe.

AMC's New Series
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Die Handlung von HCF

Wer sich überhaupt nicht für Technologie und die historische Entwicklung von PCs, Netzwerken und dem Internet interessiert, wird ein gewisses Problem mit der Serie haben. Wer bei kleineren faktischen Unsicherheiten der Executive Producer (wie etwa im Bezug auf Code) panisch wird, wird das eine oder andere Mal ebenfalls die Nase rümpfen. Doch nun zur Handlung:

Texas, 1983. Das PC-Zeitalter steht in den Startlöchern. Ein Abteilungsleiter des fiktiven texanischen IBM-Konkurrenten Cardiff Electric stellt einen visionärer Sales Executive (von IBM) ein, weil er zusammen mit einem außergewöhnlichen Hardware-Engineer (mit niedrigem Selbstwertgefühl) den Branchengiganten (…IBM) vom Thron stoßen soll. Unterstützt werden sie in weiterer Folge von einer unkonventionellen aber brillianten Programmiererin und der Ehefrau des Hardware-Engineers (mit selbiger Profession).

Mit dem Satz „Our goal is a machine that is twice as fast for half the price“ stößt Joe McMillan (Lee Pace) die Türe zur Handlung der ersten Staffel ganz weit auf und stellt das Team reihenweise vor nahezu unlösbare Aufgaben. In der zweiten und dritten Staffel (1984 bis 1986) dreht sich alles um ein Online Gaming/Service Unternehmen namens Mutiny und in der letzten Staffel nach einem kleinen Zeitsprung (1993 – 1995) um den Beginn des Suchmaschinenzeitalters.

Die große Stärke(n) von HCF

Mehr will ich an dieser Stelle gar nicht über den Inhalt verraten, da der Fokus von HCF sowieso klar auf den Charakteren liegt. Die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den fünf Hauptcharakteren über eine Zeitspanne von zwölf Jahren ist gleichzeitig der Nukleus und die große Stärke dieser TV-Serie.

Loyalität und Verrat, Erfolgsdruck und Kompromisslosigkeit, Eifersucht und Freundschaft ändern sich auf Basis der gegebenen und labilen Rahmenbedingungen. Dies aber niemals in einem lächerlichen oder gar soap-opera-haften Rahmen, sondern genau so unvorhersehbar und öfters auch irrational wie im wahren Leben. Es gibt bei HCF keine schwammigen Charaktere, deswegen hat man auch zu fast jedem Zeitpunkt eine klare Ab- oder Zuneigung zu jedem Hauptakteur, welche man aber stets nachvollziehen kann. Außerdem hat die Serie auch keine Scheu davor, „kontroversielle“ Themen wie Anderssein, Homosexualität oder Selbstmord zu thematisieren.

HCF schafft es darüber hinaus auf eine magische Art und Weise, den Zeitgeist der 80er und frühen 90er-Jahre widerzuspiegeln. Musikalisch untermalt wird dies durch den Soundtrack von Paul Haslinger und den Songs u.a. von Bryan Ferry, David Bowie, The Smiths, Joy Division, Gary Numan, den Pixies oder Peter Gabriel.

Kritiker lieben HCF

Hierzu muss ich nicht viel schreiben. Ein kleiner Auszug der Review-Titel zum Serienfinale am vergangenen Samstag sollte reichen:

The Ringer: ‘Halt and Catch Fire’ Was Moving to the End – On the finale of the superb, underwatched AMC drama

GC: Halt and Catch Fire Should Be the Next TV Show You Binge

The Guardian: Farewell to Halt and Catch Fire, the best show that nobody watched

Vanity Fair: Halt and Catch Fire’s Stunning Finale Proves It Was Brilliant from the Start

Autostraddle: “Halt and Catch Fire” Is The Best TV Show You’re Not Watching (Yet)

Solche euphorische bzw. geradezu hymnische Reviews habe ich zuletzt nach dem Serienfinale von Breaking Bad gelesen. Eine Serie, welche mehr mit HCF gemeinsam hat, als man denken möchte – wozu ich nun überleiten möchte.

The Golden Age Of Television

Immer wieder wird über das „goldene Zeitalter des Fernsehens“ gesprochen. Dies manifestiert sich in verschiedensten Auswüchsen. Dank Pay-TV-Anbietern wie HBO, SHOWTIME oder eben AMC sowie Online-Streaming-Services wie Netflix, Amazon oder Hulu konnte die Qualität von TV-Serien im Laufe der letzten 15 Jahre ständig gesteigert werden. Vorbei die Zeiten, in denen Inhalt (z.B. Gewalt, Sex, Schimpfwörter), die Länge einer Serienfolge (eine Stunde minus Werbung ergibt 41 bis 43 Minuten) oder gar die Anzahl der Staffeln einer Serie von den großen US-Networks (CBS, NBC, ABC, FOX) diktiert wurde.

HCF hat es im Gegensatz zu seinen AMC Geschwistern Breaking Bad, Mad Men und The Walking Dead nie über den Status eines Kritikerlieblings hinaus geschafft. Die TV Ratings (Einschaltquoten) lagen bereits während der ersten Staffel etwas hinter den Erwartungen zurück. Bei einem der großen Networks wäre HCF de facto nach einigen wenigen Folgen unwiderruflich abgesetzt worden.

AMC hingegen hat HCF nicht fallen gelassen. Denn auch der große Siegeszug von Breaking Bad begann erst irgendwann zwischen der dritten und vierten Staffel, obwohl die Serie zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach Emmy-preisgekrönt war. Dieses Credo veranlasste AMC nach der zweiten Staffel von HCF, eine dritte Staffel in Auftrag zu geben. Und weil die Einschaltquoten sich weiterhin nur marginal verbesserten, gewährte man HCF dennoch eine vierte und letzte Staffel, in welcher die Executive Producers Christopher Cantwell und Christopher C. Rogers die Geschichte ihres Serien-Babys zu Ende erzählen konnten und durften.

Auf diese Art und Weise kann dieses Kleinod einer Serie weiterleben und auch lange nach ihrer Absetzung neue Fans finden. Das Ende ist auf alle Fälle zufriedenstellend, ermutigend, melancholisch und lehrreich zugleich. HCF hat es sich verdient, weit über den obskuren Status Quo hinauszuwachsen. Sowohl Zugehörige der Generation X als auch der Generation Y werden mehr als nur einmal nostalgisch werden.

In meinem Fall fühlte ich mich an die Zeiten meinen ersten PCs (ein 486er DX2/66 mit 8 MB RAM und einer 840 MB-Festplatte), unser erstes Modem (ein 28.8 kbit/s von U.S. Robotics) und an die Internet-Zeit vor dem Beginn des Suchmaschinenzeitalters zurückversetzt. Also im weiteren Sinne an meine frühe Jugend, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere. Wie dies auch mit Halt And Catch Fire der Fall sein wird.

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Taboo – Season 1 Review

Disclaimer: das nachfolgende Review beinhaltet einige inhaltliche Erklärungen, allerdings keine Spoiler hinsichtlich der Handlung nach der 1. Folge oder dem Schicksal der einzelnen Protagonisten.

Inzest.
Kannibalismus.
Okkult.
Kinderprostitution.
Sklavenhandel.
Homosexualität.

Die Aneinanderreihung dieser Schlagwörter bringt meinen Blog wohl auf diverse Watchlists, dabei stellt sie nur eine Zusammenfassung der Inhalte von Taboo dar. Und liefert gleichzeitig eine Erklärung, warum sich der Showtitel mit Tabu übersetzen lässt.

Tom Hardy (oscarnominiert für seine Rolle als Bösewicht in „The Revenant“, abgesehen davon als „Bane“ in „The Dark Knight Rises“ zum Weltruhm aufgestiegen) brilliert dabei als James Keziah Delaney, dem Sohn eines kürzlich verstorbenen englischen Geschäftsmannes, der von allen tot geglaubt zum Begräbnis seines Vaters in das London des Jahres 1814 zurückkehrt.

Tom Hardy als James Keziah Delaney in Taboo
Tom Hardy als James Keziah Delaney in Taboo – (c) esquire.com (all rights reserved)

Das London im Jahre 1814 ist ein hartes Pflaster. Irgendwo zwischen Nebel, Dreck, Armut und Cholera schwelgt ein Konflikt zwischen der britischen Krone und den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser betrifft auch die (selbsterkannt-ehrenwerte) East India Company, welche ihrerseits mächtiger als der Prinzregent selbst scheint.

Unter dem väterlichen Erbe von Delaney befindet sich die rechtmäßige Besitzschaft über das ehemalige Indianergebiet von Nootka Sound – die Halbinsel von Vancouver. Als wichtige Passage zwischen den britisch-kanadischen Kolonialgebieten und dem Seeweg nach China ist Nootka Sound gleichermaßen für die britische Krone, die East India Company und die Vereinigten Staaten von immensem strategischen Interesse.

Delaney muss (als Spielverderber für zuvor geplante Länderaufteilungen angesehen) dementsprechend gleich an mehreren Fronten kämpfen – gegen die East India Company, die britische Krone, amerikanische Spione, den Ehemann seiner Halbschwester, die (wilden) Gerüchte über die Zeit seiner langen Verschollenheit in Afrika und die kolportierte Geisteskrankheit seiner Mutter und seines Vaters.

Taboo ist nichts für schwache Nerven (oder Mägen). Die behandelten Themen habe ich bereits in meiner Einleitung erwähnt. Das Level der Brutalität der BBC/FX-Serie (u.a. Fargo, Justified) ist jedoch für GoT-Seher nichts Ungewohntes. Die Story von Steven Knight (Eastern Promises, Peaky Blinders) ist intelligent aufbereitet und steigert sich von Folge zu Folge bis hin zu einem atemberaubenden Staffelfinale.

Neben Hardy umfasst das Ensemble von Taboo auch Jonathan Pryce (den meisten als High Sparrow in Game Of Thrones bekannt), Oona Chaplin (die Gattin von Rob Stark in GoT), Mark Gatiss (Mycroft Homes in Sherlock), Franka Potente, David Hayman und Michael Kelly (emmy-nominiert für seine Rolle als Doug Stamper in House Of Cards)

Die gesamte erste Staffel lief zwischen Jänner und März bei BBC sowie auf FX und ist seit 31. März bei Amazon Prime Video abrufbar. Sie umfasst acht Folgen mit einer Länge von 53-59 Minuten. Sie ist wahlweise im englischen Originalton oder in deutscher Synchronisierung verfügbar und hält (Stand: 7. April 2017) bei einem IMDb-Score von 8.8. Die Serie wurde bereits für eine 2. Staffel verlängert.

Review Fargo S01 & S02

Achtung: keine Spoiler. Ich habe die letzten (kränklichen) Tage unter anderem dafür aufgewendet, endlich die MGM/FX-Serie Fargo (basierend auf dem gleichnamigen oscarprämierten Film der Coen-Brüder aus den 90ern) zu bingen und damit endlich den Kommentaren zu entgehen, ich solle die Serie doch endlich schauen.

Zunächst ist zu sagen, dass Fargo (sowohl S01 als auch S02) als Limited Series vom Schauspielerensemble lebt. Und dieses ist wirklich beeindruckend. Bis in die kleinsten Nebenrollen agieren hochkarätige Schauspieler wie Bob Odenkirk (der Saul Goodman aus Breaking Bad und Better Call Saul), Elizabeth Marvel (wird in der nächsten Staffel von House of Cards die US Präsidentin spielen), Nick Offerman (der „King of Breakfast“, der für mich untrennbar mit Ron Swanson aus Parks & Rec verbunden ist), Adam Goldberg (den ich optisch stets mit Jason Schwartzman verwechsle), Keegan-Michael Key (als schusseliger FBI-Agent in der ersten Staffel) oder Kieran Culkin (der die Story von S02 in der ersten Folge ins Rollen bringt).

Billy Bob Thornton und Martin Freeman in Fargo
Billy Bob Thronton und Martin Freeman aus der ersten Staffel von Fargo (MGM/FX). (c) usatoday.com

(Noch) beeindruckender als die Nebendarsteller sind jedoch die Hauptcharaktere. Weil ich neben Serien auch Rankings aller Art liebe, habe ich nachfolgend versucht, die schauspielerischen Leistungen derer in Punkteform (von 10/10 bis 00/10) in eine gesammelte Liste zu bringen, was sich als äußerst schwierige Aufgabe herausstellte.

10/10 – Billy Bob Thornton (Staffel 01)
09/10 – Kirsten Dunst (Staffel 02)
09/10 – Martin Freeman (S01)
09/10 – Allison Tolman (S01)
08/10 – Colin Hanks (S01)
07/10 – Bokeem Woodbine (S02)
07/10 – Joan Smart (S02)
06/10 – Jesse Plemons (S02)
05/10 – Patrick Wilson (S02)
04/10 – Ted Danson (S02)

Der von Billy Bob Thornton (sozusagen der Ex-Ex-Mann von Angelina Jolie) dargestellte Lorne Malvo ist eindeutig der großartigste Charakter im Fargo-Universum. Selten kam (trotz der job description) ein Auftragskiller derart ruchlos, gefühlskalt und soziopathisch rüber. Als Belohnung für seine Leistung wurde er u.a. mit einem Golden Globe für den besten Darsteller in einer Mini-Serie oder TV Film ausgezeichnet. Kirsten Dunst – den meisten wohl als Mary Jane aus dem 00er-Spiderman-Reboot ein Begriff – folgt knapp dahinter. Da die zweite Staffel noch nicht jeder gesehen hat, verzichte ich hier bewusst auf eine nähere Charakterbeschreibung.

Patrick Wilson, der eigentliche Hauptdarsteller der zweiten Staffel (der auch in S01 vorkommt – auch hier wird auf einen Spoiler verzichtet), leidet etwas an seiner Rolle als State Trooper und hat keine wirklich großartigen Momente, was auch für Ted Danson als seinen Schwiegervater (und Sheriff) gilt. Dieses vorangegangene Ranking ist Kritik auf allerhöchstem Niveau, denn selbst die weiter hinten platzierten Schauspieler würden in den meisten network series (CBS, NBC, ABC, FOX) immer noch alle gnadenlos an die Wand spielen.

Eine spannende Storyline, kombiniert mit einer überragenden Cast, einem nicht alltäglichen winterlichen Serienszenario (zwischen den US-Bundesstaaten Minnesota, North Dakota und Kansas angesiedelt) kombinieren sich zu einem Pflichttipp für alle Serien-Aficionados. Alles in allem ist Fargo eine der besten Serien des letzten Jahrzehnts. Daher gibt es meine uneingeschränkte Empfehlung, welche als Gradmesser für Personen gelten soll, die die Serie bislang ebenfalls noch nicht gesehen haben.

Fargo gibt es in 1080p im Programm von Netflix (auch im Originalton). Die beiden Staffeln spielen zwar im gleichen Fargo-Universum, haben jedoch (fast) keine Verbindung miteinander, können daher auch getrennt voneinander geschaut werden. Im Jahre 2017 kommt die dritte Staffel ins TV, u.a. mit Ewan McGregor, Mary-Elizabeth Winstead und Carrie Coon.